Die ABDA begrüßt die fortschreitende Digitalisierung und den Einsatz von KI im Gesundheitswesen, um die Effizienz und Qualität in der Versorgung von Patientinnen und Patienten „zielgerichtet und nachhaltig“ zu verbessern. Sie betont aber auch, dass die damit einhergehenden Risiken auf ein Minimum reduziert werden müssten. Mit dem Positionspapier „Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pharmazie“ hat die ABDA ein Konzept vorgelegt, das die Haltung der Apothekerschaft zum Einsatz von KI darstellt und bewertet. Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind jedenfalls vielfältig – angefangen bei der Patienten- und Kundenkommunikation über die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit, die Lieferkettenoptimierung und die Unterstützung des Qualitätsmanagementsystems bis hin zum Einsatz von non-invasiven Diagnosemethoden.
■ KI kann „Mensch zu Mensch“ nicht ersetzen
„Die Apotheken sind bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens schon jetzt ganz vorne dabei und wollen es auch bleiben“, sagt Anke Rüdinger, Leiterin des „Digital Hub“ der ABDA. KI könne die Apotheken zwar bei der Beurteilung komplexer heilberuflicher Sachverhalte unterstützen, „die finale Entscheidung über die Abgabe von Arzneimitteln und die Beratung von Patienten muss allerdings immer in den Händen der Apothekerinnen und Apotheker liegen“, betont Rüdinger. Die Rolle der KI sollte daher darin bestehen, Empfehlungen zu geben und Informationen bereitzustellen, welche die Apothekerinnen und Apotheker in die fachliche Bewertung einbeziehen können. „Das persönliche Vertrauensverhältnis von Mensch zu Mensch in der Apotheke ist jedoch die Essenz des Heilberufs und kann nicht durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden“, so die Leiterin des Digital Hub.
Anke Rüdinger (Quelle. ABDA), Stefan Mannes (Quelle kakoii), Marcel Becker (Quelle: ApoVid) (v.l.n.r.)
■ Digitale Angebote ausbauen und neue Kanäle erschließen
„Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz revolutionieren die Art und Weise, wie Apotheken mit ihren Kunden interagieren und ihre Produkte vermarkten“, ist Stefan Mannes, Geschäftsführer der Agentur kakoii, überzeugt. Versandapotheken und Online-Plattformen hätten den Wettbewerb intensiviert und die Kundenerwartungen an Service und Verfügbarkeit erhöht. Daher sei es für die stationären Apotheken entscheidend, ihre digitalen Angebote auszubauen und neue Kommunikationskanäle zu erschließen.
„KI hat das Potenzial, das Marketing für Apotheken auf ein neues Level zu heben“, sagt Mannes. Denn durch ihren Einsatz könnten Marketingstrategien präziser ausrichtet und effizienter umgesetzt werden. Mithilfe von KI könne man große Mengen an Kundendaten analysieren und daraus wertvolle Erkenntnisse für personalisierte Marketingmaßnahmen gewinnen, was wiederum bei einer gezielteren Ansprache der Zielgruppe und einer Optimierung des Marketingbudgets helfe.
Gerade im OTC-Bereich spiele die Personalisierung eine zunehmend wichtige Rolle, stellt der kakoii-Geschäftsführer fest. KI-Algorithmen könnten – basierend auf dem Kaufverhalten und den persönlichen Präferenzen der Kunden – individuelle Produktempfehlungen generieren. Das erhöhe nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von Cross- und Up-Selling. „Apotheker können diese Technologie nutzen, um ihren Kunden maßgeschneiderte Beratung zu rezeptfreien Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln anzubieten“, so Mannes.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des „intelligenten gestützten Apothekenmarketings“ ist für ihn der Einsatz von Chatbots und virtuellen Assistenten. Diese Anwendungen könnten rund um die Uhr Kundenanfragen beantworten, Beratung zu Produkten geben und sogar erste Gesundheitschecks durchführen. „Das entlastet nicht nur das Apothekenpersonal, sondern verbessert auch die Erreichbarkeit und den Service für die Kunden“, führt Mannes weiter aus. Und KI könne auch relevante und hochwertige Inhalte für Websites, Blogs und Social-Media-Kanäle erstellen, was deshalb wichtig sei, weil die Online-Sichtbarkeit für Apotheken im digitalen Zeitalter eine zentrale Bedeutung habe.
Stefan Mannes ist überzeugt, dass die Kombination aus pharmazeutischem Fachwissen und AI-Technologie neue Möglichkeiten in der Kundenberatung und im Marketing eröffnet: „Apotheker können KI-gestützte Tools nutzen, um ihre Expertise zu erweitern und ihren Kunden noch präzisere und wissenschaftlich fundierte Informationen zu Arzneimitteln, deren Wirkungen und möglichen Nebenwirkungen zu liefern. Das stärkt ihre Position als vertrauenswürdige Gesundheitspartner und fördert die Kundenbindung.“
Wie das ABDA-Positionspapier betont auch Stefan Mannes die zentrale Rolle des Datenschutzes und ethischer Überlegungen beim Einsatz von KI in der Apotheke. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Die Systeme müssten so konfiguriert werden, dass sie beispielsweise keine irreführenden oder unzulässigen Werbeaussagen generieren.
Der Marketingexperte geht davon aus, dass KI in Zukunft zum Standard im Apothekenmarketing wird. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, sei aber eine enge Zusammenarbeit zwischen Apotheken und spezialisierten Marketingagenturen unerlässlich. „Nur durch eine enge Kooperation zwischen Apotheken und KI-Experten können wirklich effektive und compliance-konforme Marketingstrategien entwickelt werden“, so Mannes.
Apotheken, die KI-Technologie frühzeitig und intelligent einsetzen, können sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen, ist der kakoii-Geschäftsführer sicher. „Dabei ist es wichtig, die Balance zwischen technologischer Innovation und dem Erhalt des persönlichen, vertrauensvollen Verhältnisses zum Kunden zu wahren“, betont Mannes. „KI sollte als Unterstützung und Ergänzung zur pharmazeutischen Expertise verstanden werden, nicht als deren Ersatz.“
■ Effizienz und Ertrag steigern
Das Unternehmen ApoVid ist auf Apothekenmarketing spezialisiert und versteht sich als Bindeglied zwischen Apotheken und Herstellern. Begonnen hat man mit einem OTC-Screen direkt am POS, dem „ApoVidPresenter“, dann folgte der „ApoVidOrganizer, eine digitale Oberfläche, mit der das Apothekenteam sämtliche Sell-Out-Prozesse steuern kann. „Die KI bietet uns nun ganz neue Möglichkeiten, Effizienz und Ertrag der Apotheken zu steigern und das individuell, maßgeschneidert für jede einzelne Apotheke“, sagt Geschäftsführer Marcel Becker.
So errechne zum Beispiel der „ApoVidPricer“ für jede einzelne Apotheke den aktuell optimalen Preis für alle nicht-verschreibungspflichtigen Produkte. In diese Berechnung flössen sämtliche Verkaufstransaktionen von 7.500 Apotheken ebenso ein wie standortspezifische Faktoren – Preisvergleiche, Kaufkraft und Altersverteilung der Kunden – oder auch die Jahreszeit. Mit Hilfe der KI ermittelt der Pricer daraus monatlich den jeweils optimalen Preis pro Produkt und Apotheke. ApoVid arbeitet darüber hinaus noch an weiteren KI-gesteuerten Tools, mit denen die bestmögliche Produktplatzierung im Regal („ApoVidPositioner“) ermöglicht und die Lagerhaltung und Bestellung automatisiert und optimiert („ApoVidSupplier“) werden soll.
KI könne Informationen auswerten und Prozesse automatisieren, die maßgeschneidert für jede einzelne Apotheke das beste Ergebnis liefern, ob bei der Preisbildung oder der Produktplatzierung im Regal. „Mehr Effizienz und mehr Ertrag sichern Apotheken eine erfolgreiche Zukunft. Genau daran arbeiten wir“, so Marcel Becker. Mit dem Einsatz von KI beginne eine neue Zeit für die Apotheken – seiner Überzeugung nach eine sehr erfolgreiche. Und was den Apotheken nutze, sei auch gut für die Hersteller. „KI sorgt im Apothekenmarkt für eine klassische Win-Win-Situation!“