Die Unterzeichner des Briefes appellieren an Bundesministerin Lisa Paus und Bundesminister Karl Lauterbach sowie die Mitglieder des Deutschen Bundestags, das Heilmittelwerbegesetz (HWG) anzupassen, um das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit von Frauen zu stärken und die Pille danach zu entstigmatisieren. Zu den prominenten Unterzeichner:innen des offenen Briefs zählen u. a. Katja Burkhard, Elena Carrière und Prof. Dr. Mandy Mangler, aber auch auch ehemalige Politikerinnen wie Rita Süßmuth und Christine Lambrecht.

Die Pille danach ist eine Notfallverhütung und in einigen Fällen die letzte (medikamentöse) Option, um eine ungewollte Schwangerschaft noch zu verhindern, bevor sie überhaupt erst entsteht. Dafür müssen Betroffene allerdings wissen, dass es die Pille danach überhaupt gibt. Essenziell ist zudem das Wissen darüber, wo das Medikament erhältlich ist, wie es wirkt und dass es innerhalb eines bestimmten Zeitfensters eingenommen werden muss. In der Realität sieht es jedoch leider anders aus: Laut einer YouGov-Umfrage, die von Perrigo in Auftrag gegeben wurde, ist die Pille danach nur 29 % der Befragten bekannt und 73 % wissen nicht, dass sie rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist. 49 % halten sie fälschlicherweise für eine Abtreibungspille. Wie wichtig Aufklärung und ein uneingeschränkter Zugang zur Notfallverhütung und auch Informationen dazu sind, zeigen weitere aktuelle Zahlen: In Deutschland sind 29,4 % der Schwangerschaften unbeabsichtigt, 15,2 % davon ungewollt. Zudem ist seit 2022 die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland wieder steigend.

Werbeverbot erschwert Aufklärung und befeuert Stigmatisierung der Pille danach

Mit dem Werbeverbot, das im Zuge der Entlassung von Notfallkontrazeptiva aus der Rezeptpflicht 2015 eingeführt wurde, wird der Zugang zu Informationen für Betroffene eingeschränkt und die Pille danach erheblich stigmatisiert. Im Bereich der rezeptfreien Arzneimittel nimmt sie eine Sonderrolle ein. Dieser Status führt auch dazu, dass die Pille danach in der Öffentlichkeit keine ausreichende Sichtbarkeit erreicht und ein Tabuthema bleibt. Daten belegen, dass ein erheblicher Anteil der Bevölkerung durch die aktuell genutzten Kommunikationskanäle nicht genügend erreicht wird – 61 % der von YouGov Befragten stimmen der Aussage zu, das Werbeverbot schränke den Informationszugang zu Notfallverhütung ein. Dies fördere Fehlinformationen sowie einen geringen Wissenstand und mangelndes Bewusstsein innerhalb der Gesellschaft. Mit der Aufhebung des Werbeverbots ließen sich das Wissen und Vertrauen steigern und der Zugang zu niedrigschwelligen Informationen ermöglichen – Informationen, die essenziell sind bei einer Entscheidungsfindung, die den Körper und die Zukunft von Frauen und Mädchen betrifft. "Jede Frau sollte die Chance haben, selbst zu entscheiden, ob, wann & wie sie schwanger werden möchte!!", betonen Janina Hell und Felicitas Karrer von FRAUEN100.

Offener Brief an die Politik: Aufruf zur Aufhebung des Werbeverbots für die Pille danach

"Ob, wann und wie viele Kinder eine Frau haben möchte, ist allein ihre Entscheidung. Daher darf es keine Einschränkungen beim Zugang zu Verhütungsmitteln geben", so Kristina Lunz, Co-CEO von CFFP (Centre for Feminist Foreign Policy) und Unterstützerin des offenen Briefes, der die Politik auffordert, das Werbeverbot zu Notfallverhütungsmitteln zu streichen. Absender dieses Offenen Briefes sind verschiedene Organisationen, u. a. das Netzwerk FRAUEN100, die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes und die Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung (ÄGGF), sowie namhafte Unterstützer:innen und die Initiative #nurwennichesweiss des Arzneimittelherstellers Perrigo. Sie fordern die Bundesregierung auf, die Versprechen des Koalitionsvertrags umzusetzen und die Selbstbestimmungsrechte von Frauen in Deutschland zu stärken. Insbesondere die Streichung des entsprechenden Passus im HWG, der die Werbung für Notfallkontrazeptiva verbietet, ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Die Pille danach gehört laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den unentbehrlichen Arzneimitteln. Doch ihre Bedeutung wird durch das bestehende Werbeverbot untergraben. Eine Aufhebung des Verbots kann dazu beitragen, ungeplante Schwangerschaften zu verhindern und in der Folge auch die Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen zu reduzieren. Die
Befürchtungen eines Missbrauchs des Medikaments, aufgrund derer der Passus im HWG mit Entlassung der Pille danach aus der Rezeptpflicht eingeführt wurde, seien unbegründet – wie Daten aus dem europäischen Ausland zeigten.

Katja Burkard, Moderatorin und Autorin ist überzeugt: "Ein selbstbestimmtes Leben heißt für mich unter anderem so gut wie möglich informiert zu sein. Nur dann kann ich Lebenswegen und Möglichkeiten auswählen. Deshalb sollte das Werbeverbot für die Pille danach aufgehoben werden."