Nur etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen sehen sich demnach der Aufgabe gewachsen, den regulatorischen Anforderungen zur Nachhaltigkeit nachzukommen, die ab diesem Jahr sukzessive für rund 15.000 obligatorisch werden. Der Wert schwanke stark in Abhängigkeit davon, ob Unternehmen in der Vergangenheit bereits über Nachhaltigkeit berichtet haben, und wann sie von der Berichterstattungspflicht zur Nachhaltigkeit (CSRD) betroffen sind. 80 Prozent der Befragten und damit acht Prozent mehr als im Vorjahr bestätigen, dass das Thema mittlerweile beim Vorstand verankert ist. In 54 Prozent der Unternehmen der Realwirtschaft sei Nachhaltigkeit zudem als strategisches Ziel festgeschrieben.
„Der zweite Sustainability Transformation Monitor (STM) zeigt, dass die Transformation in der Breite der Wirtschaft nicht mehr zur Drama Queen taugt, sondern Umsetzungspartnerin geworden ist“, erklärt Yvonne Zwick, Vorsitzende des Vorstands des B.A.U.M. e. V. – Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften, einem Verein, der als ein Netzwerkpartner des STM fungiert.
■ Junge Arbeitnehmende als Katalysatoren
Junge Arbeitnehmende trieben Firmen zur Nachhaltigkeit, Umwelt-Aktivisten wie die Letzte Generation hätten dagegen kaum Einfluss auf Firmen in Deutschland. Auch die Geschäftsführung und die Politik als Rahmensetzer gehören zu den wichtigsten Treibern. Die größten unternehmensinternen Hemmnisse der Nachhaltigkeitstransformation dagegen sind fehlende monetäre und personelle Ressourcen und mangelnde Datenverfügbarkeit. Nur wenige Befragte gaben an, es gebe zu wenig politischen und damit regulativen Druck und dass es an Relevanz für die Unternehmensstrategie mangele. Als externe Faktoren werden die Klimakrise und ihre Folgen sowie die Energiepreise als Transformationstreiber genannt.
Eine Kopplung der Vergütung von Entscheiderinnen und Entscheidern an Nachhaltigkeitszielen ist bei der Mehrheit der Unternehmen noch nicht geplant oder umgesetzt. Im Vergleich zum Vorjahr ist allerdings ein Anstieg bei der Zahl der Unternehmen beobachtbar, die dies tun. Eine solche Praxis, so stellen die Studienautoren fest, hätten jedoch das Potenzial eine Steuerungswirkung zu entfalten.
Ein Kernergebniss des Reportes ist, dass der Investitionsbedarf zur Finanzierung der Transformation von den Unternehmen als hoch angesehen und mehr als die Hälfte der Unternehmen dabei voraussichtlich auf Fremdkapital angewiesen sein wird. Daher zielt der Report auch darauf ab, Wege zur verstärkten Interaktion zwischen Realwirtschaften und Banken aufzuzeigen.
■ Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Für Politik, Finanz- sowie Realwirtschaft geben die Autoren Handlungsempfehlungen. Für Unternehmen der Realwirtschaft, die als Motor der Transformation klassifiziert werden, werden folgende ausgegeben:
Klares Bekenntnis zur Transformation: Die deutsche Industrie sollte ein klares Engagement für die Transformation zeigen und die Chancen für Erneuerung und Wettbewerbsfähigkeit betonen, anstatt sich nur auf die Risiken und Herausforderungen zu konzentrieren.
Treiber der Transformation: Unternehmen sollten ihre Transformationsbedürfnisse betonen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Finanzierungspartnern anstreben, um die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Finanzierungsstrategie zu fördern, auch wenn der regulatorische Rahmen noch nicht ausreichend entwickelt ist.
Langfristige Perspektive: Der regulatorische Rahmen sollte Unternehmen als Leitfaden durch den Strukturwandel dienen, wobei eine Harmonisierung und Weiterentwicklung bestehender Gesetze angestrebt werden sollte. Die Kondensierung von Transparenzpflichten in sektorale Transitionspläne kann Unternehmen dabei unterstützen, aktiv zur Transformation beizutragen und einen anreizenden politischen Rahmen zu schaffen.
Der STM soll auch in den nächsten Jahren systematisch die Transformation der Unternehmen in der Real- und Finanzwirtschaft analysieren und das harmonische Zusammenspiel der beiden Welten sowie Trends und Veränderungen begleiten. An der aktuellen Befragung haben sich Nachhaltigkeitsverantwortliche aus 362 Unternehmen beteiligt, davon 4,7 Prozent aus dem Gesundheitswesen.
■ Die Brückenköpfe helfen beim Transfer
Der wachsenden Bedeutung des Themas für die Gesundheitswirtschaft trägt auch die von Chiesi initiierte Veranstaltung WeAct Con Rechnung, die in diesem Jahr zum zweiten Mal in Berlin stattfindet. Dass Bundesgesunheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach die Schirmherrschaft übernimmt, unterstreicht die Bedeutung. „Unser Gesundheitswesen muss sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen: Auf die Hitze, auf neue Krankheitsbilder – und im Extremfall auch auf neue Pandemien.
Klimaschutz ist deshalb auch aktiver Gesundheitsschutz. Nur durch einen gemeinsamen Schulterschluss kann es uns gelingen, eine Verschärfung des Klimawandels zu verhindern und das System gleichzeitig auf neue Gesundheitsrisiken vorzubereiten“, so Lauterbach. Für den parallel zum Kongress am 23. und 24.4. stattfindenden WeHackathon steht Dr. Eckart von Hirschhausen Pate. Das Gewinnerteam erhält ein vierstündiges Coaching mit zwei Expertinnen bzw. Experten aus dem Leitungsteam der BrückenKöpfe, die dabei helfen wollen, die Ideen aus der Session auch umzusetzen.
Erstmals widmet auch der Deutsche Nachhaltigkeitspreis DNP dem Thema „Gesundheit“ einen eigenen Wettbewerb und zeichnet die Vorreiter der Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen aus. Der neue Preis wird ausgeschrieben in Zusammenarbeit mit der Barmer und der von Dr. Eckart von Hirschhausen gegründeten Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM). Der Wettbewerb wird in drei Kategorien durchgeführt, die den ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekt der nachhaltigen Transformation im Gesundheitswesen adressieren. Organisationen und Kooperationen können sich ab sofort bis zum 31. Mai 2024 über einen Online-Fragebogen ohne Teilnahmegebühr bewerben, die Gewinner werden am 29. November 2024 in Düsseldorf gekürt.