In diesem Jahr wurde Künstliche Intelligenz immer stärker in die Agenturprozesse integriert, erklärt Yvonne Preller (Havas Life Berlin). Es sei „bemerkenswert, wie schnell KI-Tools einen festen Platz eingenommen haben, wenn es beispielsweise um die Generierung von Text, Video- und Bildinhalten, aber auch von Voice- und Sound-Dateien geht. Diese Tools unterstützten uns dabei, kreative Ideen noch einmal anders zu challengen.“ Das in dem Bereich noch viel kommen werde, sei allen Experten bewusst. Doch Preller machte auch auf ein weiteres Thema aufmerksam, das bereits 2024 einen wichtigen Stellenwert eingenommen habe: Mental Health – was nicht nur ein Agentur-, sondern durchaus ein gesamtgesellschaftliches Thema sei. Yvonne Preller: „Was können wir tun, um das Wohlbefinden in unseren Teams zu stärken? Enge Timelines, komplexe Projekte, da die Balance zu wahren und trotzdem persönliche Stärke zu entwickeln, ist uns wichtig.“

Zustimmung findet die Einschätzung von Yvonne Preller auch bei Dr. Natascha Terp (2strom), für die die stärkste Veränderung im Jahre 2024 die Integration von Künstlicher Intelligenz in die internen und externen Arbeitsprozesse der medizinischen Kommunikationsarbeit war. Die Agenturchefin spricht in dem Zusammenhang sogar davon, „dass besonders die Content-Erstellung durch den Einsatz von KI revolutioniert“ worden sei. Wobei man einschränkend einräumen müsse, dass man in der medizinischen Kommunikation erst „am Anfang” stehe. Für Natascha Terp können KI-generierte Inhalte einen guten Ausgangspunkt zur Contenterstellung bieten – und leisteten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag hinsichtlich Steigerung der Effizienz.

In diesem Fall ist es wenig überraschend, dass auch die weiteren befragten Kommunikationsexpertinnen und -experten dem Einsatz von KI in ihrer Arbeit den einflussreichsten Veränderungsimpact in diesem Jahr attestieren. So spricht Michael Frank (DIE CREW) davon, dass die generative KI zunehmend beginne, die Marketing- und Kommunikationsarbeit zu prägen – von der Strategieentwicklung bis hin zur Kampagnenerstellung. Doch Frank und sein Team beschäftigte ein zweites Thema, nämlich das anhaltend starke Wachstum im Pharma-E-Commerce. „Die steigende Bedeutung von Online-Apotheken und besonders des Amazon Marketplace als Absatzkanal erfordert neue Ansätze in der Vermarktung von OTC-Produkten“, hebt Michael Frank hervor. 

Bei Spirit Link war das Jahr 2024 ebenfalls von zwei wesentlichen Entwicklungen beeinflusst, wie Heiko Pröger zu Protokoll gibt. Zum einen nennt er „die hohe Dynamik in der Entwicklung neuer Medikamente, insbesondere im Bereich der Onkologie“. Der medizinische Fortschritt sorge hier für eine „regelrechte Innovationsflut, die uns und unsere Kunden vor neue kommunikative Herausforderungen stellt“. Als zweiten Einflussfaktor auf die Agenturarbeit führt Pröger zunehmende Professionalisierung der Kunden im Bereich Omnichannel-Kommunikation an. Pröger: „Pharmaunternehmen investieren verstärkt in Strategien, die eine optimale Integration verschiedener Kanäle ermöglichen.“ Mit der Konsequenz, dass vom Agenturteam noch durchdachtere Ansätze gefordert seien, um diese Entwicklungen effizient zu unterstützen.

Die Bedeutung von Omnichannel sieht auch Monika Funck (Eickhoff Kommunikation), denn im Pharmamarketing drehe sich schon heute alles um dieses Thema – im besten Fall unterstützt durch KI. „Das wird sich weiterentwickeln in Richtung einer noch stärkeren Personalisierung von Inhalten“, erklärt Monika Funck. „Gleichzeitig werden sich Unternehmen noch mehr auf Patientinnen und Patienten konzentrieren und digitale Innovationen wie AR und VR nutzen.“ In der Kölner Agentur trägt man dieser Entwicklung auch durch interne, strukturelle Veränderungen Rechnung. So wurde laut Funck das gesamte Team „von Generalisten zu Spezialisten weiterentwickelt“. Für die Beratenden bedeute das zum Beispiel, dass sie sich auf die strategischen Kommunikationsthemen ihrer Kunden konzentrieren könnten. Der Vorteil für die Kunden liege auf der Hand: „Noch höhere Beratungskompetenz und wir können flexibler agieren, weil jede Person mit ihrer Spezialkompetenz andere Teammitglieder unterstützen kann“. Den Vorteil für die Mitarbeitenden erklärt Funck so: „Jede Person macht – fast – nur noch das, was sie besonders gut kann und was sie besonders gern macht.“ Die Ergebnisse dieser Agenturentwicklung spiegelten sich im Erfolg und der zunehmenden Motivation der Mitarbeitenden wider.

Welche Trends werden das Jahr 2025 nachhaltig beeinflussen und prägen?

Das kommende Jahr 2025 liegt in nicht mehr allzuweiter Ferne, deshalb wollten wir von den Expertinnen und Experten die Einschätzungen zu den Trends hören, die das Pharmamarketing und die Kommunikationsarbeit beinflussen werden. Es ist wenig überraschend, dass in der Prognose das Thema Künstliche Intelligenz ebenfalls auf der Top-Einflussliste 2025 landet. Niklas Kurz (Wefra Life) sagt, dass „die Trends des nächsten Jahres den Fokus auf Patienten und die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit und Compliance widerspiegeln“. Auf seiner Trendliste sind unter anderem notiert: Das Thema Personalisierung – KI-gestützte Analysen für Ärzte und Patienten, über Omnichannel-Strategien hinweg. Gefolgt von Digital Therapeutics: Integration von therapiebegleitenden Apps und digitalen Gesundheitslösungen, eingebettet in Omnichannel-Strategien. Sowie Content & Community: Edutainment, Storytelling und Aufbau von Patienten- und Ärztenetzwerken. Das bedeutet nach Einschätzung von Niklas Kurz, dass „wir den Umgang mit neuen Technologien und KI trainieren und den Wissensausbau stärken“. Damit einher gehe ein noch sicherer Umgang des Teams mit Regulierungen, wie Updates im HWG, der DSGVO und weiteren Verordnungen und Gesetzen. Was die internen Strukturen betreffe, werde die Vernetzung zwischen PR, Content, Media und Kreation noch stärker forciert. Last but not least werde 2025 die Nachhaltigkeitsstrategie weiter ausgebaut, „um den Planeten mit unseren Kunden zusammen gesünder zu machen“, gibt Niklas Kurz Einblick in die Wefra-Pläne für das kommende Jahr.

KI: Vom Hype-Thema zum integralen Bestandteil des Pharmamarketings

Michael Frank verbindet mit seiner Prognose die Überzeugung, dass „2025 KI endlich vom Hype-Thema zu einem wirklich integralen Bestandteil des Pharmamarketings wird“. Nach der ersten Euphorie erwartet er „eine Phase der systematischen Integration bewährter KI-Lösungen in die Unternehmensprozesse mit Fokus auf den ROI“. Neue Entwicklungen wie AI-Agents würden diesen Trend zusätzlich verstärken. „Parallel dazu gewinnt die Optimierung des E-Commerce-Geschäfts, besonders auf Amazon, weiter an strategischer Bedeutung – denn die Plattform etabliert sich auch im OTC-Bereich zunehmend als sehr wichtiger Verkaufskanal mit eigenen Anforderungen an Content- und Conversion-Strategien“, so Franks Zukunftseinschätzung. Die besondere Herausforderung bei der Optimierung des E-Commerce-Bereichs liege im regulierten Pharmamarkt. „Der Schlüssel zum Erfolg ist für uns die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Themen mit unseren Kunden, immer mit dem Ziel, mehr Wirkung im Markt zu erzielen“, so Michael Frank.

Dr. Natascha Terp nennt als Trendthema neben dem noch stärkeren Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bereich medizinischer Kommunikation „die Hyperpersonalisierung im Pharmamarkting“. So würden Kampagnen zunehmend nicht nur auf einzelne große Zielgruppensegmente zugeschnitten, sondern auf Einzelpersonen, oder kleine Subpopulationen basierend auf Echtzeitdaten wie Gesundheitsstatus, Verhaltensmustern und Präferenzen. „Hyperpersonalisierung ist daher ein aufstrebender Trend im Marketing, der im Pharmasektor besonders relevant ist, da Patientensicherheit, Effektivität von Therapien und Vertrauen entscheidende Rollen spielen“, so Natascha Terp. Für die Agenturarbeit sehe sie sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Denn die Hyperpersonalisierung erfordere hochwertige Daten aus verschiedenen Quellen wie Wearables, sozialen Medien und Interaktionsplattformen. Diese Daten seien jedoch oft fragmentiert und inkonsistent, gibt sie zu bedenken und ergänzt: „Durch die Bereitstellung relevanter, personalisierter Inhalte können Marken aber auch langfristige Beziehungen zu Patienten aufbauen. Ein spannender Trend, den es zu beobachten gilt im neuen Jahr“, so Terps Schlussfolgerung.

Lösung gegen Informations-Overload: Fokus auf Mehrwert und Relevanz in der Kommunikation

Heiko Pröger knüpft bei seinem Ausblick auf 2025 an seine Einschätzung des aktuellen Jahres an, wenn er sagt, dass im kommenden Jahr das Pharmamarketing weiterhin von der hohen Dynamik in der Medikamentenentwicklung bestimmt werde. „Ärztinnen und Ärzte stehen bereits heute vor der Herausforderung, mit den zahlreichen Innovationen Schritt zu halten“, sagt Pröger. Mit der Konsequenz, dass es für Pharmaunternehmen zunehmend schwieriger werde, Aufmerksamkeit für ihre Produkte zu gewinnen – insbesondere, wenn diese nur marginale Verbesserungen gegenüber etablierten Therapieoptionen bieten könnten. „Dieser Wettbewerb um Aufmerksamkeit wird den Fokus stärker auf die Differenzierung durch Mehrwert und Relevanz lenken“, stellt Heiko Pröger fest. Die Marktveränderungen und damit verbundenen Herausforderungen stellten Agenturen vor die Aufgabe, „gemeinsam mit der Industrie überzeugende Antworten auf diese Entwicklungen zu finden“. Die Lösung bestehe nicht darin, noch mehr E-Mails oder Informationen zu versenden, mahnt Heiko Pröger, vielmehr müsse man durch Substanz und Kreativität echte Relevanz für die Zielgruppen schaffen. „Wir werden verstärkt daran arbeiten, Kommunikation so zu gestalten, dass sie einen hohen Nutzwert für Ärztinnen und Ärzte bietet – durch tiefgründige Informationen, intelligente Formate und innovative Ansätze, die überzeugen und inspirieren“, erläutert Pröger die ToDos 2025 von Spirit Link. 

Eine noch stärkere Personalisierung von Inhalten sagt auch Monika Funck für das kommende Jahr voraus. „Gleichzeitig werden sich Unternehmen noch mehr auf Patientinnen und Patienten konzentrieren und digitale Innovationen wie AR und VR nutzen.“ Bereits jetzt bemerke das Agenturteam von Eickhoff Kommunikation eine verstärkte Nachfrage nach Beratung zum Thema Patientenkommunikation. 

Die zentralen Trends 2025 sind nach dem Urteil von Yvonne Preller Digitalisierung und Personalisierung. „Das bedeutet konkret: Gendermedizin wird ein wichtiges Thema sein, schließlich geht die Entwicklung stärker in Richtung personalisierte Therapien und Gendermedizin ist ein wichtiger Teil der personalisierten Medizin.“ Oder wie Preller diese Entwicklung anschaulich auf den Punkt bringt: „Personalisierung und Individualisierung ist 21. Jahrhundert, Breitband war 20. Jahrhundert.“ Ebenso werden weitere neue digitale Kanäle an Bedeutung gewinnen: „Social Media für HCPs, Online-Portale, die den Austausch der Community fördern, Apps wie Orange Salamander – eine digitale Gesellschaft tauscht sich auch über große Entfernungen hinweg digital aus“, weiß Yvonne Preller. Ein weiteres Thema, das zukünftig mehr Relevanz bekomme, seien DiGAs, sagt Preller vorher. „Die Therapie in der Hosentasche wird in die mobile on-demand Gesellschaft mehr und mehr Einzug finden.“