Frau Preller, was macht die Agentur Havas Life Berlin aus? 
Yvonne Preller: Ich denke, ein wichtiger Erfolgsfaktor ist unser naturwissenschaftliches Fundament. Fullservice-Agenturen wie wir haben klassischerweise eine Medical-Abteilung als Herzstück zwischen Beratung und Kreation, das ist nichts Ungewöhnliches. Bei uns haben aber auch 70 Prozent der Mitarbeitenden im Account einen naturwissenschaftlichen Hintergrund. Das hilft enorm, wenn man auch dort den Wirkmechanismus eines Medikamentes versteht oder mal selbst etwas in einer Studie nachlesen kann – und die Kunden schätzen das sehr. Daher sind wir auch in erster Linie auf Rx-Kommunikation spezialisiert. Was nicht bedeutet, dass wir OTC nicht auch können. Die Spezialisierung hat sich mit der Zeit so entwickelt, weil wir eine hohe Reputation in der wissenschaftlichen Expertise haben.

Warum dann das Rebranding, wenn man mit seiner Expertise unter dem ursprünglichen Namen etabliert ist? 
Wir fanden es sinnvoll, dass unsere Heritage Havas, direkt im Namen Havas Life Berlin zu erkennen ist, auch wenn Health4Brands schon immer eine Sub Brand von Havas gewesen ist. Es ist einfach weniger erklärungsbedürftig. Gleichzeitig war es uns aber wichtig, mit dem Slogan „New name, same game“ sehr deutlich zu machen, dass sich für unsere Kunden nichts ändert: Exzellente Kreation trifft auf hohe wissenschaftliche Expertise. 

Inwiefern profitieren Sie von der Zugehörigkeit zum Havas-Netzwerk?
Wir können auf das Wissen des Netzwerks zugreifen – national und international. Es gibt neben Havas Life Berlin in Deutschland zwei weitere Havas-Healthcare-Agenturen in Freiburg und in Düsseldorf. Zwar agieren alle drei Agenturen komplett unabhängig voneinander, aber wenn wir beispielsweise ein PR-Thema auf dem Tisch bekommen, dann arbeiten wir mit PR-Spezialisten von Havas Red Health aus Düsseldorf zusammen. Das gilt natürlich auch international, so haben wir Zugang zu Studien, die Havas Global durchführt hat, wie zum Ärzteverhalten, und diese wertvollen Insights können wir dann unseren Kunden zur Verfügung stellen. 

Weil Sie gerade das Ärzteverhalten ansprechen: Was sind aus Ihrer Sicht aktuelle Entwicklungen in der Fachkommunikation?
Ich denke, dass das Thema Social Media für Ärzte stark an Bedeutung gewinnen wird – in dem Sinn, dass es nicht mehr nur darum geht, eine Plattform für Ärzte mit Content zu bespielen, sondern auch darum, den Ärzten eine Möglichkeit zu geben, sich zu vernetzen. Wir beraten unsere Kunden, welche Plattformen für welche HCP-Communities geeignet sind, um ihre Themen optimal zu platzieren.
Übrigens gibt es in der Fachkommunikation einen weiteren sehr interessanten Trend: Immer häufiger werden Ärzte auch über Consumer-Medien angesprochen, beispielsweise im Social-Media-Bereich. Natürlich geht es da nicht um Produktkommunikation, sondern um Sichtbarkeit für ein bestimmtes Thema und das Unternehmen zu schaffen.
Ein weiterer Trend ist, dass sich Ärzte relevanten Content in einer Form wünschen, die „snackable“ ist: komprimierte Informationen, die in kurzer Zeit erfassbar ist. Das betrifft nicht nur geschriebene Texte. Es muss nicht der einstündige Podcast sein, 15 Minuten reichen auch. Es geht darum, wissenschaftlichen Content kurz und prägnant zu vermitteln.

Sie haben in diesem Jahr mit der Awareness-Kampagne „Der schrecklichste Urlaub meines Lebens“ zum Thema Dengue-Fieber, die Sie für Takeda entwickelt haben, einen Comprix-Award gewonnen. Wie sehen Sie das Thema Patient Awareness?
Das Thema Awareness hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Wobei es nicht nur um Aufmerksamkeit geht, sondern auch um Empowerment. Das Ziel muss sein, Patientinnen und Patienten zu ermutigen, sich aktiv um sich selbst und die eigene Gesundheit zu kümmern. Vielen Brand Managern ist es mittlerweile ein echtes Bedürfnis, mit „ihren“ Patienten ins Gespräch zu kommen. Auch wir als Agentur sind in den letzten Jahren immer häufiger mit Patienten in Workshops und hören aus erster Hand, was sie beschäftigt. Das ist eine hervorragende Entwicklung.

Ein Thema, das alle beschäftigt, ist Künstliche Intelligenz. Wo ist KI in Ihrer Arbeit als Agentur besonders wichtig?
Künstliche Intelligenz beschleunigt viele Prozesse und macht sie auch schlanker. Wenn ich zum Beispiel ein Voice over für ein Video benötige, war das früher relativ aufwändig, die KI kann da in dem einen oder anderen Fall wirklich sehr gut helfen. Viele Laien denken aber auch, mit der Unterstützung von KI habe man innerhalb von einer Minute ein gutes Key Visual. So ist es natürlich nicht. Aber wenn man gelernt hat, intelligent und kreativ in die richtige Richtung zu prompten, dann ist die KI eine große Hilfe. Tolle, kreative Texte schafft die KI allerdings noch nicht. Aber als Inspirationsquelle und als Sparringpartner beim Brainstorming leistet sie sehr gute Dienste. 

Ein Thema, das Ihnen besonders am Herzen liegt, ist die Gendermedizin, aber auch grundsätzlich die Stärkung von Frauen in der Healthcare-Branche.
Auf jeden Fall. Wir unterstützen beispielsweise den Verein Healthcare Frauen, die u.a. wichtige Projekte für die Onkologie initiiert haben. Dieser Bereich ist zu 80 Prozent männlich dominiert. Wir wollen hier die Onkologinnen und damit auch die weibliche Sichtweise bei der Behandlung solcher schwerwiegenden Erkrankungen stärken. Ein höherer Frauenanteil wird sich dann auch auf der Patientenebene in Form einer gendersensibleren Medizin niederschlagen. 
Übrigens werden Genderthemen auch in der Arbeitswelt immer wichtiger. Neben Workshops zu Themen wie Mental Health bietet Havas beispielsweise auch solche zum Thema Wechseljahresbeschwerden an. Ich finde es toll, wenn es dafür Awareness gibt und auch die Mitarbeitenden dafür sensibilisiert werden, denn manchmal reichen ja schon Kleinigkeiten, wie die Klimatisierung eines Raumes, damit es den Mitarbeiterinnen besser geht.
Ganz grundsätzlich ist es für einen Arbeitgeber aber auch insgesamt wichtiger geworden zu schauen, welche individuellen Bedürfnisse die Mitarbeitenden haben, zum Beispiel beim Thema Fortbildung oder auch einfach nur bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes. „One fits all“ passt schon lange nicht mehr zum Zeitgeist. 

Was ist Ihnen für die Zukunft von Havas Life Berlin wichtig?
Die Agentur ist in den fast neun Jahren ihres Bestehens stetig gewachsen – eine gesunde Entwicklung ohne Wachstumsschmerzen. Diesen Weg möchten wir natürlich weiter gehen. Außerdem begeistern mich immer wieder die vielen großartigen Talente, die hier arbeiten. Wir haben eine tolle Mischung aus Wissenschaftlern und Kreativen, und diese Mischung macht die Agentur aus. Denn die Agentur sind ja nicht die vier Wände, zwischen denen wir sitzen, sondern es sind die Menschen. 
Wichtig ist natürlich, dass man wach ist, flexibel bleibt und sich schnell an Veränderungen im Markt und an neue Trends anpasst. Das ist uns bisher immer gelungen. Mit dieser Haltung und dem tollen Team bin ich mir sicher, dass Havas Life Berlin auch in Zukunft weiterhin gesund wachsen wird.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Preller.

 

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Havas Life Berlin GmbH
Geschäftsführerin: Yvonne Preller
Telefon: +49 (0) 30 9210 47150
E-Mail: yvonne.preller@havas.com