Herr Kölzer, was hat Sie zur Gründung der Special Unit veranlasst?
Kölzer: Die Gründung war keine fixe Idee, die aus dem Nichts kam. Wir hatten bei der antwerpes ag bereits eine Social-Media-Einheit und haben gemerkt, da bewegt sich was, denn der Bereich war von starkem Wachstum geprägt. Daher beschlossen wir, diesem Feld mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen zu widmen.
Social-Media-Kommunikation ist mittlerweile integraler Bestandteil des Marketing-Mix. Mit der neuen Gesellschaft haben wir ein überzeugendes Angebot für Omnichannel-Marketing, denn die Sensibilität der Unternehmen für das Thema ist da. Mit Laura Geisreiter konnten wir zudem auf eine erfahrene Kraft zurückgreifen, was für die Installation und Leitung der Unit eine hervorragende Voraussetzung war.

Wie bewerten Sie die letzten 1,5 Jahre?
Kölzer: Sehr positiv. Der grundsätzliche Plan ist aufgegangen, wir konnten neue Kunden gewinnen – darunter auch solche, die zuvor nicht von der antwerpes ag betreut wurden – und damit eigenes Wachstum generieren. Auch neue Themen wie zum Beispiel Influencer Marketing sind entstanden, und unser Team ist stark gewachsen.
Dieses Jahr war aufgrund der aktuellen Marktlage sicherlich nicht einfach – dennoch spüren wir Aufwind, was die Social-Media-Kommunikation angeht. Vor drei Jahren war das Thema Social Media noch Nice-to-have und mittlerweile ist es wirklich ein Must-have geworden. Aufgrund unserer Erfahrung verfügen wir über sehr viel Know-how, sodass die Unternehmen uns auch in diesem sensiblen Feld Vertrauen entgegenbringen. Pharmakovigilanz-Monitoring spielt da selbstverständlich eine große Rolle: Wir sind 24/7 aktiv und überwachen die Social-Media-Kanäle.

Mittlerweile erreicht man doch alle Zielgruppen über Social Media, oder?
Geisreiter: Absolut. Selbst ältere Patientenzielgruppen nutzen Social Media, insbesondere Facebook, um sich auszutauschen. Jüngere Generationen bevorzugen Plattformen wie Instagram mit Storys und Reels.
Facebook ist ein Kanal, der weiterhin sehr gut funktioniert. Der hat enorm viel Dialog-Potenzial. Vor allem für dezidierte Patientenzielgruppen. Die User haben große Lust daran, Texte zu schreiben, das heißt, das ist gerade eine Plattform für Patienten, die denselben Need haben, vielleicht eine chronische Erkrankung, zu der man sich mit seiner Crowd austauschen will. Auch Angehörige von Pflegebedürftigen erreicht man hier sehr gut.

Ist TikTok auch schon ein Thema?
Geisreiter: Definitiv. TikTok ist ein aufstrebendes Thema, nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch in bestimmten Indikations- und Krankheitsfeldern – sowohl für Patienten als auch für KOLs, die da durchaus aktiv werden. Wir arbeiten oft mit TikTok-Influencern zusammen, obwohl die Plattform einen anderen Ansatz erfordert und etwas komplexer ist.
Die Arbeitsweise für die Plattform muss ein bisschen schneller sein, ein bisschen flexibler; im besten Fall sollte zumindest jeden zweiten Tag ein Video entstehen. Das ist natürlich in der Umsetzbarkeit etwas, das gerade für die Unternehmen deutlich schwieriger ist. Bestimmte Inhalte müssen durch „Legal“ oder „Medical“ freigegeben werden, daher wählen wir – bevor wir mit einem eigenen Kanal starten – oft einen soften Einstieg mit einem Influencer, damit wir seine Arbeitsweise kennenlernen, um die Kooperation dann potenziell auszubauen.

Das Thema Influencer ist ein derzeit sehr prominentes, das natürlich auch zu Ihrem 360-Grad-Portfolio gehört. Was ist das Tool, das am meisten gefragt oder bedient wird? Kann man das sagen oder ist das indikationsspezifisch getrieben?
Geisreiter: Das eine bedingt oft das andere. Essenziell finde ich ein  Social Listening; unabhängig davon, ob ich als Unternehmen schon Social-Media-Kanäle bespiele oder nicht. Es hilft, die Zielgruppe zu verstehen und die Kommunikation entsprechend anzupassen. Wir nutzen es, um sicherzustellen, dass unsere Inhalte effektiv sind und den Bedürfnissen unserer Zielgruppe entsprechen.
Auch Content Creation steht hoch im Kurs, entfaltet aber nur im Zusammenspiel mit Advertising seine volle Wirkung. Denn leider wird bei der Flut der Kanäle organischer Content mittlerweile, egal wie gut er ist, nicht mehr zwangsläufig gesehen. Außerdem rate ich immer dazu, aktiv Community Management zu betreiben, denn es gibt nichts Schlimmeres als auf Passivität zu setzen und zu hoffen, dass niemand etwas schreibt. Wir sind Fan davon Dialoge anzuschieben und diese aktiv zu gestalten, damit Social Media seine Wirkung entfalten kann und nicht zur Einbahnstraße wird.

Sind Influencer-Kampagnen immer erfolgreich?
Geisreiter: Ja, oft sind Influencer-Kampagnen sehr erfolgreich, bei einem aktuellen Case haben wir zum Beispiel eine Engagementrate von über 4 Prozent. Wenn man das zum Beispiel mit einem Facebook-Kanal vergleicht, und da wird schon viel interagiert, da sind es – wenn es richtig gut läuft – 1,5 Prozent. Vor allem in den Indikationsbereichen, in denen wir agieren, arbeiten wir oft mit geringeren Zielgruppengrößen und Micro- und Nano-Influencern zusammen, die um die 5.000 bis 10.000 Follower haben. Da ist eine durchschnittliche Engagementrate von vier Prozent im Vergleich zu der Interaktionsrate eines Facebook-Kanals mit 20.000 Followern eine riesige Steigerung, bei der wir auch deutlich den Mehrwert von Influencern erkennen. Es ist jedoch wichtig, die regulatorischen Anforderungen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Authentizität erhalten bleibt.

Wie sieht es mit KI aus? Kann die beim Social-Media-Management helfen?
Kölzer: AI-Tools wie Jasper AI, ChatGPT, Go-Charlie kann man grundsätzlich für die Social-Media-Kommunikation benutzen, das ist aber auch mit bestimmten Risiken verbunden. Zum einen im Hinblick auf die Richtigkeit der medizinisch-wissenschaftlichen Informationen, zum anderen was die Ansprache angeht. Das heißt, wir müssen die Ergebnisse checken und gegebenenfalls korrigieren – da entsteht also wieder Aufwand an anderer Stelle.

Gehören mehr Unternehmen zu Ihren Interessenten beziehungsweise Kunden, die schon Social-Media-Erfahrung haben, oder mehr, die bei Null anfangen?
Geisreiter: Mittlerweile ist das so 50:50. Am Anfang waren es mehrheitlich Unternehmen, bei denen wir wirklich initial auf dem weißen Blatt Papier angefangen haben, doch jetzt gibt es einige, die Anfänge gestartet haben, und nun anklopfen und nach Optimierungsmöglichkeiten fragen.

Wie finden interessierte Unternehmen Sie?
Geisreiter: Das ist ganz unterschiedlich. Manche sind bereits Kunden der antwerpes ag, zum Beispiel mit einer klassischen Kampagne und möchten dann auch das Feld Social Media bespielen. Wir bieten aber auch Workshops an und präsentieren uns auf Veranstaltungen. Wir waren in diesem Jahr beispielsweise Mitausrichter der „Med im Kornfeld“, um inhaltlich etwas anzubieten und zu zeigen, wie wir arbeiten – um auch Neukunden zu überzeugen und an Bord zu holen.

Warum sollte Social Media unbedingt zum Kommunikations-Mix von Unternehmen gehören?
Kölzer: Social Media bietet die Möglichkeit, Agilität zu testen und agil zu arbeiten, was für viele Unternehmen ein Ziel ist. Es ermöglicht Flexibilität und die Fähigkeit zur Anpassung an Veränderungen in der Zielgruppe und den Kanälen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.