Laut dem diesjährigen Report wird die wissenschaftliche Unabhängigkeit in Frage gestellt: Er hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der befragten Personen in Deutschland darüber besorgt ist, dass sich die Wissenschaft politisiert habe (55 %). In den USA sind es sogar rund zwei Drittel. Auch zeigt der Report Korrelationen zwischen der politischen Ausrichtung von Menschen und ihrer Haltung gegenüber Innovation: Das gilt besonders für westliche Demokratien, in denen Personen, die sich rechts im politischen Spektrum einordnen, Innovation viel wahrscheinlicher ablehnen als Personen, die sich politisch links einsortieren. Die Differenz liegt in Deutschland bei 20 Prozentpunkten.
Vertrauen in die Regierung, Innovation zu verwalten, ist laut dem Report in Deutschland rar. 60 % der in Deutschland Befragten sind der Ansicht, dass der Regierung das adäquate Verständnis für neue Technologien fehlt, um sie effektiv regulieren zu können. Dies hat das Potenzial, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu belasten. Denn lediglich 62 % (und damit 9 Prozentpunkte weniger als 2014) der befragten Personen aus 21 anderen Ländern haben Vertrauen in Unternehmen mit einem Hauptsitz in Deutschland. Trotz dieses Rückgangs bekommt Deutschland international immer noch das zweitmeiste Vertrauen, hinter Kanada mit 64 % (USA: 53 %).
Der Wirtschaft wird jedoch auch am meisten zugetraut, diesen Trend zu drehen. 49 % der Befragten aus Deutschland vertrauen darauf, dass Unternehmen das Richtige tun, um zu gewährleisten, dass die Einführung von Innovationen in die Gesellschaft „gut“ – im Sinn von sicher, nützlich, verfügbar und verständlich – gehandhabt wird. Der Regierung trauen dies nur 41 %, NGOs 40 % und den Medien lediglich 38 % zu.
■ Dem Vertrauen der Menschen Aufmerksamkeit schenke
„Innovation nimmt immer weiter Fahrt auf. Sie ist ein zentraler Treiber für das Wirtschaftswachstum und damit für den Wohlstand der Gesellschaft. Aber damit dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann, muss sie sich auch wirklich entfalten können“, sagt Christiane Schulz, CEO von Edelman Deutschland. Es sei essenziell, dem Vertrauen der Menschen in die Einführung und das Management von Innovation ebenso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie der eigentlichen Forschung und Entwicklung. „Wenn einer von zwei Menschen der Meinung ist, dass Innovationen hierzulande schlecht gemanagt werden, liegt noch ein Weg vor uns.“
Dabei sind gerade die Erwartungen an Unternehmensverantwortliche groß: Knapp 60 % erwarten, dass CEOs nicht nur die Veränderungen in ihren Organisationen managen, sondern auch die in der Gesellschaft. Drei Viertel der deutschen Angestellten wollen, dass CEOs öffentlich über die beruflichen Skill Sets der Zukunft sprechen, zwei Drittel, dass sie die aus Automation entstehenden Änderungen auf dem Job-Markt thematisieren, und 63 %, dass sie sich zum ethisch korrekten Nutzen von Technologie äußern.
Angesichts der Tatsache, dass Vertrauen aktuell enorm unter Druck steht, ist es für Christiane Schulz „besorgniserregend“, dass mit mehr als 60 Wahlen – darunter die Präsidentschaftswahl in den USA und die Europawahl – das größte globale Wahljahr in der Geschichte ansteht. „In Deutschland stehen mit Sachsen, Thüringen und Brandenburg drei Landtagswahlen sowie zahlreiche Kommunalwahlen an, in denen das mangelnde Vertrauen in die Behörden bei der Bewältigung des Wandels eine Rolle spielen wird“, so Christiane Schulz. „Das Misstrauen in unser wirtschaftliches und politisches System ist groß. Die Institutionen müssen zusammenarbeiten, um dem entgegenzuwirken und den Weg für zukünftigen Fortschritt freizumachen.“