Angefangen mit Peix als Pharma-Agentur hat alles, als ein Freund von Karsten Rzepka als Junior Produktmanager bei Berlin-Chemie startete und ihn fragte, ob er nicht einen kleinen Aufkleber für eine Waschlotion gestalten könne, den der Außendienst als Serviceartikel abgab. „Ich dachte mir, Berlin-Chemie klingt spannend, da fährst du mal vorbei und gibst den Aufkleber persönlich ab. Im Gespräch kam dann das Thema auf, ob wir eigentlich auch Anzeigen machen. Wieso eigentlich nicht, dachte ich mir”, berichtet Karsten Rzepka schmunzelnd. Wenig später bekamen er und seine Kollegen die Chance, vor dem Chef dieses Freundes zu präsentieren. Also saß Rzepka an einem Wintermorgen 1994 mit seiner Mappe im Foyer von Berlin-Chemie und wartete aufgeregt darauf, die Entwürfe vorstellen zu können. „Als ich endlich abgeholt wurde, riss ich mit meinem Mantel einen großen Metallaschenbecher um – den durch das riesige Foyer hallenden Knall höre ich noch heute”, lacht er. Dieser Knall stellte sich als Startschuss in die Pharmawelt heraus.
Denn die Entwürfe wurden für interessant befunden und das Peix-Team bekam die Möglichkeit, seine Ideen weiter auszuarbeiten. Auch die folgenden Skizzen fanden Anklang, so dass Peix schließlich seine erste Pharmaanzeige kreierte, und zwar zum Thema Prostata-Hyperplasie. Im Rückblick bekennt Karsten Rzepka augenzwinkernd, dass diese Anzeige zwar „nicht der ganz große kreative Wurf“ gewesen sei, aber sie war der Türöffner für weitere Aufträge. Es folgten bei Berlin-Chemie Projekte zum Thema Schilddrüse, zum Vorläufer von „Zostex” und zu „Adenuric”.
■ Spezialisierung auf Healthcare
Schnell bemerkte Rzepka, dass die Pharmaindustrie eine ganz eigene Branche ist – und vor allem eine mit ganz eigenen Agenturen. „Ich fand die Themen spannend und in Berlin gab es zu der Zeit noch keine spezialisierte Agentur, also habe ich gesagt, lasst uns die Healthcare-Agentur für Berlin werden!” Rzepkas Freund und Kunde aus dem Produktmanagement zeichnete zudem verantwortlich für die Malaria-Prophylaxe „Chlorochin”, und das sei ein weiterer Trigger gewesen. „Denn in diesem Kontext habe ich dann auch Kollegen aus anderen Pharma-Agenturen kennengelernt und ich fing an, die Branche nicht nur richtig zu verstehen, sondern mich in diesem Umfeld wohlzufühlen”, berichtet er.
Bis dahin hatte Peix auch noch eine ganze Reihe Kunden aus anderen Bereichen. Nun ließ man diese Tätigkeiten langsam auslaufen, um sich ganz auf das Thema Healthcare zu fokussieren. „Das hat sich schnell als die richtige Entscheidung entpuppt”, sagt Rzepka. Wobei er sie auch getroffen habe, weil er nie mehr als zehn Mitarbeitende haben wollte. Und für einen so „kleinen Laden” erschien ihm eine Spezialisierung dringend notwendig, um nicht über den Preis konkurrieren zu müssen.
Die Vorstellung, für einen Kreativen sei das Thema Pharma zunächst einmal ziemlich unattraktiv, kann Karsten Rzepka nicht bestätigen. „Unser erster kommerzieller Kunde war ein Möbelhaus, das war ganz sicher nicht der Traum eines Kreativen.” An der Healthcare-Welt hat ihn gereizt, interessante und vielfältige Themen bearbeiten und ein ganz spezielles Know-how erwerben zu können, aber nicht zuletzt fand er auch die Menschen, mit denen er zu tun hatte, spannend. „Unsere ersten Kunden haben es sehr goutiert, mit welcher Unbefangenheit wir uns den Themen näherten. Und je tiefer man in ein Thema eindringt, desto klarer erkennt man natürlich auch die kreativen Möglichkeiten, die sich bieten”, berichtet der erfahrene Pharmawerber im Rückblick. Zu Beginn war Peix noch eine Design-Agentur, die sich in diesem Feld bewegt hat. Mit den wachsenden Anforderungen der Kunden habe es dann nicht mehr gereicht zu sagen „ich mach das ein bisschen hübsch”, sondern man habe die Themen wirklich verstehen müssen, um sie kreativ-kommunikativ aufbereiten zu können. Damit war klar, dass man beispielsweise auch eine Ärztin im Team benötigt, um den eigenen Ansprüchen und denen der Kunden an eine Healthcare-Agentur gerecht werden zu können.
„Es wäre Quatsch zu behaupten, das sei von Anfang an der Plan gewesen”, betont Rzepka. „Aber wir haben die Chance gesehen und sie genutzt.” Wobei der entscheidende Faktor war, dass der wesentliche Antrieb des gesamten Peix-Teams darin bestand, immer besser zu werden. „Zu Beginn hatten wir sicherlich einen Bonus als ‚die netten Kreativen’. Aber ich wollte nicht, dass wir nur die Netten sind. Ich wollte, dass wir die Guten sind!”, betont Rzepka.
■ Das Leitbild
Was „Nettigkeit” aber nicht ausschließt, denn Rzepkas Ziel war es immer, mit den Kunden ein freundschaftliches Arbeitsverhältnis zu haben. „Persönliche Nähe liegt mir einfach, und ich habe auch meine Kolleginnen und Kollegen immer dazu ermutigt, authentische Beziehungen aufzubauen.” Das helfe zum einen bei der Zusammenarbeit, sei aber auch nicht ganz unwichtig, wenn auf Seiten der Agentur mal ein Fehler passiere. „Aber ich wollte nie, dass unsere ‚Nettigkeit’ die Grundlage dafür ist, dass wir einen Job bekommen.” Positive Beziehungen und Kontinuität sind Rzepka aber nicht nur im Umgang mit den Kunden wichtig, sondern er lebt diese Einstellung genauso in Bezug auf die Lieferanten der Agentur.
Ein positives zwischenmenschliches Miteinander macht auch das Leitbild der Agentur aus: Im Zentrum stehen die einzelnen Menschen. Diese liefern exzellente Arbeit für die Kunden ab und erwirtschaften auf diese Weise Profit. Der aber kein Selbstzweck ist, sondern „nur“ das Mittel für ein solidarisches Miteinander. Dieses solidarische Prinzip bedeutet auch, dass Führen als Dienst verstanden wird – die Führungskraft leistet einen Dienst an demjenigen, den er führt.
Gestartet ist Peix mit vier Grafikdesignern und einem Kommunikationsfachmann, die das Kernteam bildeten. Zusammengefunden hatten sie unter dem Namen wOtch Design Group, als ein „Wessi” – „ein Tausendsassa, der scheinbar alles konnte und alles wusste”, wie Rzepka ironisch anmerkt – sie anwarb, um ein Designzentrum in Berlin-Pankow zu etablieren. „Nach einem dreiviertel Jahr stellte sich heraus, der Mann war zwar sehr charismatisch, aber total unsolide”, erinnert er sich. Anschließend blieben die fünf zusammen und durch die Akquise des ersten eigenen Kunden, des bereits erwähnten Möbelhauses, konnte das Team ein Büro mieten.
Auch wenn Rzepka sich in der kreativen Arbeit als „Mannschaftssportler” sieht, übernahm er schnell die Führung, denn einer musste es eben machen und „ich dachte, ich bin derjenige von uns, der am wenigsten schlecht dafür geeignet ist”. Er habe aber tatsächlich ziemlich lange gebraucht, um sich mit dieser Rolle zu identifizieren – schlaflose Nächte inklusive. Komplett angenommen habe er für sich diese Führungsrolle erst, nachdem es ein Kaufangebot von einem internationalen Agenturnetzwerk gab. In den Verhandlungen stand für ihn die Zukunft des damals 20-köpfigen Teams im Vordergrund, doch die diesbezüglichen Zusagen erschienen ihm zu vage. „Ich stand vor der Entscheidung, Kasse zu machen und den Rest meines Lebens illustrieren zu können. Und meinem Team auf diese Weise zu sagen: Ich habe zwar immer viel von Solidarität erzählt, aber jetzt zählt sie nicht mehr.” Für Rzepka stand damit das Nein zu dem Übernahmeangebot fest – und das hat ihm dabei geholfen, nun ganz bewusst Ja zu seiner Rolle als Geschäftsführer zu sagen. Dies habe auch der Agentur nochmal einen Schub gegeben, denn ab diesem Moment habe er noch stärker als zuvor versucht, „nach vorne zu denken und zu planen”. Dieser Schub hat auch dazu geführt, dass das Team über die Jahre auf mittlerweile 84 Köpfe angewachsen ist – und sogar drei der fünf Gründungsmitglieder noch an Bord sind. Das solidarische Miteinander erstreckt sich jedoch nicht nur auf die Peix-Belegschaft, sondern die Agentur engagiert sich auch sozial. Verbindlich fließen ein Prozent vom Umsatz oder zehn Prozent vom Gewinn vor Steuern in soziale Projekte – beispielsweise in das Projekt „Kindernest”, das sich um rumänische Straßenkinder kümmert.
■ Warum „Peix”?
Die Frage, die Karsten Rzepka in den letzten 30 Jahren vermutlich am häufigsten beantworten musste, ist die, welche Bewandtnis es mit dem Namen Peix auf sich hat. Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit dem besagten „Tausendsassa” war der Name wOtch Design Group verbrannt und ein neuer musste her. „Ich fand Fische ganz sympathisch und die anderen hatten keine Einwände, also haben wir angefangen, Wörterbücher zu wälzen”, erzählt Rzepka. Schließlich blieb er am portugiesischen Wort „peixe” hängen. Das e am Ende wurde gestrichen – „Peix war kurz, einprägsam, singulär, und das X hatte was”.
Fragt man ihn, wie sich die Healthcare-Kommunikation in den letzten drei Jahrzehnten entwickelt hat, sagt Rzepka, es gebe zwar immer mal wieder auch schlechtere Phasen, die Qualitätskurve insgesamt sei aber nach oben gegangen. „Viele Agenturen holen richtig gute Kreative aus dem Konsumgüterbereich. Healthcare-Kommunikation muss nicht bieder und brav sein. Ich denke, zu diesem Bewusstseinswandel haben auch wir ein bisschen beigetragen.”
Ein Zukunftsthema, in dem das Peix-Team gerne schon heute mehr machen würde, sieht Karsten Rzepka in dem Themenkomplex Prävention. Beispielhaft nennt er das Thema Diabetes. Jeder wisse, was in diesem Zusammenhang an Erkrankungen und Kosten auf die Gesellschaft zukomme, aber es werde immer noch nicht konsequent genug gegengesteuert. „Als Agentur würden wir uns in Sachen Prävention sehr gerne stärker engagieren, denn das ist gut und sinnvoll. Es ist noch eine Menge Luft nach oben und es wäre gut, wenn man den Schatz bald heben würde. Sonst wird das Gesundheitssystem überfordert.“
„Wir wollten immer wirtschaftlich erfolgreich sein”, sagt Rzepka zum Abschluss, „und das ist uns geglückt. Genau das wünsche ich der Agentur auch für die nächsten 30 Jahre.” Und zwar auf der Basis, die Peix ausmache: der Mensch im Mittelpunkt, Leidenschaft für die Sache und fachliche Kompetenz. „Natürlich spielen geschäftliche Interessen immer auch eine Rolle, aber das menschliche Miteinander ist das, worum es letztendlich geht – mit unseren Kunden und mit unseren Mitarbeitenden. Ich bin sicher, dass das weiter so gelebt wird. Denn bei unserem CEO Johannes Buzasi, der mittlerweile die operative Leitung übernommen hat, weiß ich die Agentur in besten Händen.”