Herr Reys, Sie haben in Ihrer Karriere für viele Marken – auch global – sehr erfolgreich gearbeitet. Ihr Fokus lag dabei vor allem auf dem Konsumgüter- und Endverbraucherbereich. Was hat Sie daran gereizt, Creative Director in einer Healthcare-Agentur zu werden?
Olaf Reys: Ich habe früher schon Pharmawerbung gemacht und habe dabei Blut geleckt, denn das hat sehr gut funktioniert. Dieses Thema liegt mir einfach. Und im Grunde tut ja jeder am liebsten etwas, das einen tieferen Sinn hat. Es ist für mich persönlich so etwas wie ein Purpose, an etwas Sinnstiftendem zu arbeiten – und das ist Gesundheitskommunikation natürlich.
Sie sagen, in UK und Frankreich werde Werbung mehr als Entertainment gesehen. In der Pharmakommunikation kommen rechtliche Beschränkungen hinzu – und eine Branche, die als nicht sehr mutig gilt. Fühlen Sie sich in Ihrer Kreativität da nicht sehr gebremst?
Ich habe hier bei Schmittgall Health ein Team mit großer kommunikativer, aber vor allem auch medizinischer Expertise. Von einer Idee gemeinsam auf eine kreative Lösung zu kommen, die eine klare Botschaft transportiert, ist sehr herausfordernd – und macht genau deshalb Spaß. Es geht mir darum, innerhalb der gesetzten Grenzen so mutig wie möglich zu sein.
Hinzu kommt: Wir haben hier bei Schmittgall Health ein sehr breites Spektrum an Kunden. Das reicht von Rx über OTC und Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu digitalen Produkten. Und wir haben einen großen Influencer-Bereich. Auch das macht die Arbeit hier sehr spannend und abwechslungsreich. Manche meinen, „Pharmawerbung“ sei langweilig. Hier bei Schmittgall Health sind die Themen extrem vielfältig und unheimlich modern.
Schließlich hat bei meiner Entscheidung auch das Team eine große Rolle gespielt. Diese renommierte Agentur und ihr tolles Team gemeinsam mit Christian Necker als Geschäftsführer und Florian Schmittgall als visionärem Inhaber zu führen und zu prägen, finde ich sehr reizvoll.
Wie möchten Sie die Agentur prägen?
Florian Schmittgall, Christian Necker und ich sind uns einig, dass Schmittgall Health für „Bravery“ stehen soll. Also für aufmerksamkeitsstarke, mutige Ideen und kreative Lösungen in der Healthcare-Kommunikation. Mit unserer Vision „We create strong brands with brave ideas.“ zeigen wir hierzu eine klare Haltung. Wobei man „Bravery“ nicht einfach nur mit „Mut“ übersetzen kann – das ist ein wichtiger Aspekt, aber „Bravery“ umfasst viel mehr. Natürlich geht es um kühne Ideen und mutige Umsetzung, aber das „Bravery“ zieht sich durch alle Aspekte der Agenturarbeit: Unternehmertum, Strategie, Beratung, Kreativität. Man hat heutzutage sehr häufig herausfordernde Situationen – schwierige Timings, kleine Budgets, eine große Komplexität bei den Kommunikationskanälen. Vor diesem Hintergrund geht es darum, eine Haltung bezüglich Strategie und Kommunikation zu haben und diese selbstbewusst und auf Augenhöhe mit dem Kunden zu vertreten. Im Ergebnis muss „Bravery“ keine „laute“ Kommunikation bedeuten. Auch etwas, das „leise“ ist, kann unheimlich „brave“ sein.
Finden Sie es schwierig, Pharmakunden von mutigen, leidenschaftlichen Strategien und Kreationen zu überzeugen?
Das ist individuell sehr unterschiedlich. In der heutigen Informationsflut ist es schwierig aufzufallen. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob es in der Kommunikation eher im Mainstream mitschwimmen oder doch einen Schritt weitergehen will. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass man sich gegenseitig vertraut. Dieses Vertrauen, gepaart mit einer guten Strategie, gibt dem Kunden Sicherheit. Denn am Ende kommt es bei der Entwicklung einer Kampagne darauf an, dass alle Beteiligten vom Ergebnis überzeugt sind.
Healthcare-Agenturen suchen in den letzten Jahren verstärkt nach Köpfen, die keine reine Healthcare-Biografie haben. Führt das dazu, dass sich Gesundheitskommunikation mehr traut?
Ja, auf jeden Fall. Das sieht man auch bei den Award Shows ganz deutlich. Healthcare hat enorm an Bedeutung gewonnen. Das liegt zum einen daran, dass es ein lukrativer Markt ist, zum anderen aber auch daran, dass der Gesundheitsbegriff heute viel umfassender verstanden wird und zudem auch die Suche nach einem Purpose viel wichtiger geworden ist.
Soll Kommunikation „brave“ sein, kommt es vor allem auf smartes und kreatives Denken an. Christian Necker und ich haben ja auch keine 20 Jahre Healthcare gemacht, aber wir haben tolle Kolleginnen und Kollegen mit großer Expertise, gerade auch im medizinisch-wissenschaftlichen Bereich. Als Kreativer muss man sich einfach einlassen auf diese Welt, und bei komplexen medizinischen Sachverhalten halte ich mich eben zurück und vertraue dem Team.
Die Endverbraucherkommunikation hat sich, zum Beispiel durch den Einfluss von Social Media, deutlich verändert. Gibt es ähnliche Veränderungen auch in der Fachkommunikation?
Natürlich spricht man HCPs nach wie vor anders an als Endverbraucher. Aber man darf dabei nicht vergessen, dass auch die jüngeren Ärzte und Ärztinnen mit anderen Kommunikationstools aufgewachsen sind und Medien anders konsumieren als frühere Generationen. Sie haben ganz andere Ansprüche, wie Informationen aufbereitet sein sollten. Es geht nach wie vor um hochwertigen Content, aber er sollte snackable und vor allem „brave“ sein, damit er catcht.
Die Welt verändert sich rasend schnell und es gibt ein latentes Gefühl von Unsicherheit. Was bedeutet das für die Kommunikation?
Es sind unsichere Zeiten, auch in den Unternehmen. Gefühlt befindet sich jede Firma auf unterschiedlichsten Ebenen in einer Transformation. Umso wichtiger finde ich es für uns als Agentur, die Unternehmen strategisch und kommunikativ berät, dass wir uns zu etwas bekennen und eine klare Meinung haben. Diese Haltung drückt sich auch in unserer Arbeit aus. Dazu gehört, dass wir Empfehlungen abgeben, die über das Briefing hinausgehen, oder dass wir vielleicht mal eine ganz andere Richtung vorschlagen. Da muss man als Agentur ganz klar sein und sollte sich nicht anbiedern – das hilft niemandem. Auch klare Positionen zu beziehen, ist „Bravery“. Genau das wird heute gesucht – jedenfalls von den Kunden, die mit einer modernen Agentur zusammenarbeiten wollen.
Was ich pushe ist, dass Kommunikation auffallen sollte. Die Idee ist dabei das Wichtigste, sie steht für Qualität. Wenn Sie mit der Idee nicht auffallen, dann bringt auch alles andere nichts. Eine gute Idee ist zudem nachhaltig. Ich beobachte den Trend, dass nicht wenige Marketeers Kommunikation so ein bisschen als Fast-Fashion-Thema sehen. Kampagnen kommen und gehen. Mir geht es aber darum, etwas aufzubauen – ein Markenbild. Das ist wichtig und dafür stehen wir.