Von der Pubertät und dem Beginn der Menstruation über die Familienplanung und Schwangerschaft bis hin zur Menopause oder Behandlung von Endometriose: Jede Phase bringt neue Herausforderungen mit sich, die gezielte medizinische Versorgung und Aufklärung erfordern. Dass Frauen zudem häufiger als Männer an bestimmten chronischen Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Osteoporose und Depressionen leiden, ist mittlereile bekannt. Beim RKI ist zu lesen, dass Frauen beispielsweise doppelt so oft wie Männer die Diagnose Depression erhalten.
Themen wie die Prävention und Behandlung von Endometriose, die Behandlung hormoneller Störungen oder der Zugang zu sicherer Verhütung und Abtreibung stehen vermehrt im Fokus von Gesundheitskampagnen und politischen Diskussionen. Erst kürzlich hat der Bundestag über eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beraten. Denn vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, finden immer wieder Protestaktionen von Abtreibungsgegnern statt. Dabei würden sowohl Schwangere als auch das Fachpersonal zum Teil gezielt bedrängt. In Zukunft soll 100 Meter um den Eingangsbereich ein „Verbot der Belästigung der Schwangeren“ gelten; Verstöße sollen bis zu 5.000 Euro kosten.
■ Prävention und Früherkennung als Schlüssel
Präventionsmaßnahmen und Früherkennungsuntersuchungen sind wesentliche Bausteine, um Frauengesundheit langfristig zu verbessern. Kampagnen wie „Frauengesundheit – Ein Leben lang“, die 2024 von verschiedenen Gesundheitsregionen in Bayern ins Leben gerufen wurden, setzen auf umfassende Präventionsprogramme. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Frauen frühzeitig über gesundheitliche Risiken aufzuklären und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, wie die Brustkrebsfrüherkennung oder HPV-Impfungen, zu fördern.
■ Lückenschluss in der Aufklärung
Vor allem der Monat Oktober macht in Sachen Brustkrebs-Awareness ordenlich Lärm. Den „Pinctober“ nutzen mittlerweile viele Unternehmen unterschiedlichster Branchen, um sich zu positionieren. Zum Beispiel die Modemarke Eterna, die mit Frauke Ludowig als langjähriger Pink Ribbon Deutschland-Botschafterin und ihrer Tochter Nele mit der Capsule Collection auf generationenübergreifende Vorsorge hinweist. C&A hat in diesem Jahr den „Post-Mastektomie-BH“ neu gelauncht, der für Einlagen oder Prothesen geeignet sein soll und von Frauen getragen werden könne, bei denen durch eine Mastektomie eine oder beide Brüste entfernt wurden. Novartis Österreich hat im Mai dieses Jahres eine Kampagne gelauncht, bei deren textlicher Visualisierung jed_r achte B_chstabe _ehlt. Denn pote_ziell is_ jede ach_e Frau ei_mal im Le_en von Br_tkrebs b_troffen. So verstörend dieser Text zu lesen ist, so aufrüttelnd sollen die Fakten sein. „Wir wollen damit optisch aufzeigen, wie viele Frauen und auch Männer tatsächlich betroffen sind und wie wichtig es ist, diese Lücken zu schließen“, unterstreicht Kuntal Baveja, Country President von Novartis in Österreich. Das gelinge nur, wenn das Motto der Kampagne „Achte auf Brustkrebs“ ernst genommen, Frauen ihre Vorsorgetermine wahrnehmen und sich regelmäßig sowie korrekt selbst abtasten würden und umfassend informiert seien. Ein kreatives Element der Kampagne ist ein Textgenerator auf der Webseite, der persönliche Nachrichten per Knopfdruck in einen „Achtertext“ umwandelt, bei dem jeder achte Buchstabe fehlt. Durch das Teilen dieser Texte über diverse Social-Media-Plattformen mit Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern könne jede und jeder helfen, die Lücke zu schließen und das Bewusstsein für Vorsorge und Nachsorge nicht aus den Augen zu verlieren.
Mit mindestens genauso viel Herz geht die Awareness-Kampagne „Frauenherzen schlagen anders“ an den Start: Unter diesem Motto wollen die Healthcare Frauen e.V. im Rahmen der Herz-Hirn-Allianz einen deutschlandweiten Tag der Frauenherzgesundheit zur Stärkung des politischen und öffentlichen Bewusstseins für Herz-Erkrankungen bei Frauen etablieren. Nach dem #GoRed Day am 2. Februar dieses Jahres hat das Netzwerk in Anlehnung an den amerikanischen National Wear Red Day für 2025 den 7. Februar als Aktionstag ausgewählt. Mit dem Tragen eines roten Accesscoires soll ein Zeichen gesetzt und das Gesundheitsbewusstsein der Frauen gestärkt werden. Das Teilen auf Social Meda ist Pflicht.
■ Digitale Gesundheitslösungen als Unterstützung in der Frauengesundheit
Die Digitalisierung hat auch dem Thema Frauengesundheit einen Push gegeben. Apps und digitale Plattformen wie „Flo Health“ oder „Clue“ bieten Frauen die Möglichkeit, ihren Zyklus zu verfolgen, Symptome zu dokumentieren und Zugang zu evidenzbasierten Gesundheitsinformationen zu erhalten. Diese Apps spielen eine wichtige Rolle in der Gesundheitsaufklärung, insbesondere für die Erreichbarkeit jüngerer Frauen. Krankenkassen haben das auch erkannt und bieten ihren Kunden diverse Apps, wie zum Beispiel die TK mit der „period. App“. Mit ihr kann man die Symptome während der Menstruation tracken und mit dem erworbenen Wissen in der Folge auch die Schmerzen zu lindern. Die App ist Teil eines Forschungsprojektes mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Auswertung der Daten soll dazu beitragen, die Frauengesundheit zu verbessern und Endometriose frühzeitig zu erkennen sowie zu behandeln.
Der Bereich der Telemedizin gewinnt ebenfalls an Bedeutung: Durch virtuelle Sprechstunden können Frauen einfacher und schneller auf medizinische Beratung zugreifen, sei es zur Verhütung, Schwangerschaftsbetreuung oder Menopause-Beratung. Solche digitalen Angebote erhöhen nicht nur die Erreichbarkeit, sondern senken auch Hürden wie Scham oder geografische Barrieren, die oft verhindern, dass Frauen notwendige medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Ob „Hormone zum Frühstück“, „Gyncast – der Gynäkologie-Podcast“ oder „Meno Cool“, auch einschlägige Podcasts finden sich mittlerweile in großer Zahl. Diabetologinnen, Gynäkologinnen, Ernährungswissenschaftlerinnen oder Betroffene berichten über Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten bei Menopause oder Brustkrebs.
Ein Lebensabschnitt, der stetig mehr Beachtung findet, ist die Menopause. Die Unionsfraktion im Bundestag fordert aktuell gar eine nationale Menopausen-Strategie. Viele Frauen erleben während und nach der Menopause eine Vielzahl an Symptomen, die ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und eine erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten wie Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Beschwerden. Unternehmen wie Bayer, das sogar ein „neues Zeitalter für Wechseljahre“ ausgerufen hat, haben dies erkannt und investieren vermehrt in die Entwicklung von Produkten, die Frauen in dieser Lebensphase unterstützen. Die Aufklärung über Menopause ist dabei ein entscheidender Marketingfaktor, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Lebensphase zu erhöhen. Eine breit angelegte Kampagne könnte Frauen ermutigen, über ihre Erfahrungen zu sprechen und medizinische Unterstützung zu suchen.
Für das Healthcare-Marketing ergeben sich im Bereich der Frauengesundheit vielfältige Möglichkeiten, zielgerichtete, altersgerechte Botschaften zu entwickeln. Die Chancen liegen darin, durch gezielte Kampagnen das Bewusstsein für Frauengesundheit zu stärken und gleichzeitig innovative Gesundheitslösungen zu vermarkten. Kooperationen mit Expertinnen und Selbsthilfegruppen, die Nutzung digitaler Kanäle und die Stärkung von Präventionsmaßnahmen können dazu beitragen, das Gesundheitssystem nachhaltiger zu gestalten und die Lebensqualität von Frauen zu verbessern.