Herr Dr. Broch, Pharmamarketing ist ein wesentlicher Bestandteil der Industrie. Welche Regeln und Richtlinien hat der FSA für Pharmamarketing etabliert, um ethisches Verhalten zu fördern?
Die Kooperation verschiedener Akteure im Gesundheitswesen ist eine wichtige Voraussetzung für den medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritt im Sinne einer immer besseren Patientenversorgung. Dies gilt vor allem auch für die Zusammenarbeit von Pharmaunternehmen mit HCP, HCO und Patientenorganisationen. Der Anspruch an eine ethisch einwandfreie Zusammenarbeit ist dabei zu Recht hoch.

Wichtige Leitplanken hierfür sind neben den gesetzlichen Vorgaben etwa des Arzneimittelgesetzes und des Heilmittelwerbegesetzes auch der FSA-Kodex Fachkreise und der FSA-Kodex Patientenorganisationen. Hier ist nicht nur geregelt, was bei Werbung für Arzneimittel zu beachten ist, sondern auch, unter welchen Voraussetzungen Pharmaunternehmen mit Angehörigen der Fachkreise und Patientenorganisationen zusammenarbeiten dürfen und wo die Grenzen liegen. Darüber hinaus veröffentlichen die Mitgliedsunternehmen im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit einmal jährlich alle Zuwendungen an HCP, HCO und Patientenorganisationen sowie an Angehörige der Fachkreise und medizinische Einrichtungen. 

Wie überprüft der FSA die Einhaltung dieser Regeln, und wie gehen Sie mit Verstößen um?
Die unabhängige FSA-Schiedsstelle überwacht die Einhaltung der verbindlichen Regelungen. Jeder und jede kann Verstöße der Mitgliedsunternehmen des FSA gegen die Vereinskodizes bei der Schiedsstelle anzeigen, auch anonym. Beanstandungen werden konsequent geprüft und bei Verstößen geahndet. Die Schiedsstelle des FSA besteht aus zwei Instanzen. Der Spruchkörper der ersten Instanz kann bei Verstößen gegen die Verhaltenskodizes Geldstrafen von 5.000 bis zu 200.000 Euro gegen Unternehmen verhängen. Die zweite Instanz setzt sich aus einem unabhängigen Vorsitzenden sowie Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, Patientenorganisationen und Industrie zusammen. Sie kann Geldstrafen von bis zu 400.000 Euro verhängen. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen kann eine öffentliche Rüge ausgesprochen werden. 

Wie gehen Sie mit dem Thema KI um?
Künstliche Intelligenz ist ein gleichermaßen aktuelles wie wichtiges Thema, das auch ethische Fragestellungen aufwirft. Das Thema ist auch für die Pharmaindustrie von Relevanz und entsprechend Diskussionsgegenstand auf der internationalen und der europäischen Ebene bei IFPMA und EFPIA, den Dachverbänden der forschenden Pharmaunternehmen. Die Diskussion in den dortigen Compliance-Gremien liefert auch für uns wichtige Impulse, wenn es um die Frage einer möglichen Weiterentwicklung von Regelungen geht. Unser gemeinsames Ziel ist es, Ethik und Compliance im Gesundheitswesen auch vor dem Hintergrund neuer Entwicklungen sicherzustellen. 

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie in den kommenden Jahren in Bezug auf das Pharmamarketing und die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen?
Wichtig wird sicherlich die weitere Entwicklung beim Thema der CME-Zertifizierung von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen sein. Die im Mai vom 128. Deutschen Ärztetag verabschiedete Neufassung der Muster-Fortbildungsordnung wirft eine Reihe von Fragestellungen auf, mit denen wir uns derzeit befassen. Hier wird der FSA weiterhin für einen Erhalt der Anbieterpluralität im Sinne des Wissenstransfers zwischen pharmazeutischen Unternehmen und der Ärzteschaft eintreten.