„Die gezielte datenbasierte Steuerung könnte einen echten Qualitätssprung bedeuten und Fachkräfte dort einsetzen, wo sie gebraucht werden“, so Stamm weiter. Notwendig sei dafür allerdings, dass auch das Erheben, Bewerten und Steuern von und mit Daten als Leistung im Gesundheitswesen anerkannt und finanziert wird, fordert der BVMed. 

Die von den BVMed-Digitalexpert:innen entwickelte Vision für das Gesundheitssystem 2035 lautet: „Datenbasierte Medizintechnik hat einen neuen Level zielgerichteter und unmittelbarer Versorgung geschaffen und geholfen, Fachkräfte dort einzusetzen, wo sie am meisten gebraucht werden.“

Datenbasierte Medizintechnik umfasst dabei aus BVMed-Sicht alle Bereiche: von Prävention über Diagnostik bis zur Intervention jeder Art. „Datenbasierte Medizintechnik macht die Versorgung deutlich effizienter und wirksamer, weil sie auf gemessenen Daten beruht und damit Transparenz sowie höhere Behandlungsqualität erreicht werden können“, so BVMed-Vize Dorothee Stamm. Fachkräfte können medizintechnische Lösungen einsetzen und mit deren Hilfe komplexere Tätigkeiten durchführen. Das können in der Diagnostik zum Beispiel „Symptom-Checker“ oder assistierte Bildanalysen sein, in der Behandlung etwa ein Monitoring von automatisch erfassten Werten.

Um die Innovationskraft der Medizintechnik-Branche zu entfalten, müssen auch die Rahmenbedingungen für den Einsatz solcher Lösungen besser werden. Beispiele für Ansätze eines datenbasierten Versorgungskosmos, die es schon gibt, sind laut BVMed unter anderem:

  • DiGA und DiPA – und damit ein Marktzugang für Software als Medizinprodukt, allerdings sehr eng gefasst und mit hohen Hürden;
  • Closed-Loop-Systeme für Insulinversorgung mit kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) und Insulinpumpe, die jedoch nur wenige Menschen mit Diabetes erstattet bekommen;
  • Robotisch assistierte Operationen mit digitaler OP-Planung sowie KI-basierter Lernplattform mit Beispieleingriffen, die einfachere Bedingungen für anonymisierte Datenflüsse benötigen;
  • KI-Bildanalyse mit automatischer Detektion von Auffälligkeiten und Hinweisen zum möglichen Grund der Auffälligkeit, die die Qualität der Diagnose erhöhen, aber nicht honoriert werden;
  • Test-at-home-Kits sowie mobile und sendefähige Geräte für Untersuchungen am Point-of-Care, die sich aufgrund der Vergütungslogik momentan nicht durchsetzen können.

„Mithilfe von Datenanalysen erreichen wir eine zielgerichtetere Versorgung, denn der Zugang wird in die richtige Ebene gesteuert“, so der BVMed. Dies könne auch eine mobile Fachkraft anstelle einer stationären Einweisung sein. Mit seinen Vorschlägen will der BVMed auch erreichen, dass die notwendigen Verwaltungs- und Routineaufgaben weitgehend automatisiert werden und die Fachkräfte sich auf die Kernaufgaben konzentrieren können.

„Da dieser umfassende Ansatz auch eine ausführliche Reformagenda benötigt, stellt die BVMed-Vision vor allem eine Einladung zum Dialog dar“, so Stamm: „Welchen Weg wollen wir in die Zukunft des Gesundheitswesens gehen und wie kommen wir gemeinsam dorthin?“ Dabei müsse auch über Aus-, Fort- und Weiterbildung für den souveränen Umgang mit datengesteuerten Tools sowie über die Etablierung von Echtzeit-Datenflüssen und KI-Unterstützung beim Interpretieren gesprochen werden. Der BVMed werde daher in den nächsten Monaten den Dialog mit allen Beteiligten suchen, um über die Vision und die Umsetzungsschritte zu diskutieren.

Der Ergebnisbericht des Arbeitskreises Digitalisierung des BVMed kann unter www.bvmed.de/MedTechDigital2035 heruntergeladen werden.