Herr Necker, Sie haben schon bei DDB Health Erfahrungen in der Pharma-Kommunikation gesammelt. Was hat Sie daran gereizt, mit der Übernahme der Geschäftsführung bei Schmittgall Health in diesen Bereich zurückzukehren?
Bei meiner Entscheidung haben mehrere Aspekte eine Rolle gespielt. Aufgrund meiner Zeit bei DDB Health wusste ich, was mich thematisch erwartet. Healthcare ist ein stetig wachsendes Thema und das macht es besonders reizvoll.
Gesundheit war schon immer eines der fundamentalsten menschlichen Grundbedürfnisse und ist zudem einer der nachhaltigsten Megatrends unserer modernen Gesellschaft. Das finde ich wahnsinnig spannend.
Wie äußern sich diese Entwicklungen?
Healthcare spielt mittlerweile auch für Marken, die mit dem Thema eigentlich gar nichts zu tun haben, eine große Rolle. Man kann das mit dem Aufkommen des Themas Nachhaltigkeit vor vielen Jahren vergleichen. Heute ist Nachhaltigkeit wie nativ mit fast jeder Brand-DNA verwoben. Ich glaube daran, dass das Thema Gesundheit eine ähnliche Entwicklung nehmen wird.
Was unterscheidet die Gesundheitskommunikation von anderen Märkten?
Ich finde sie intellektuell besonders interessant. Gerade die Rx-Kommunikation ist nicht die einfachste Kommunikation, denn sie bedarf einer großen Expertise. Es ist spannend und herausfordernd, in diesem Bereich die White Spots zu finden. Und dann hat man auch besondere gesetzliche Rahmenbedingungen, die bedingen, dass man als Kreativagentur immer wieder neue Wege finden muss, innovative Kommunikation mit Wirkung zu entwickeln.
Abseits der Regularien: Sind Healthcare Professionals für Sie eine besondere Zielgruppe? Oder sind sie, was die Kommunikation betrifft, auch „nur“ Menschen, bei denen Kommunikation genauso funktioniert wie bei allen anderen?
Auf der einen Seite ist der inhaltliche Anspruch an die Kommunikation bei top informiertem Fachpersonal natürlich besonders hoch. Auf der anderen Seite bleibt ein Mensch immer ein Mensch. Das heißt, HCPs konsumieren Content auf eine bestimmte Art und Weise, die sich gar nicht so sehr von dem anderer Menschen unterscheidet. Wenn wir mal TikTok als Beispiel nehmen: Die Menschen wollen den Content kurz, prägnant und schnell auf den Punkt. Und das dann auch noch hyperindividualisiert – man will nur das, was einen 100-prozentig interessiert. Das gilt grundsätzlich auch für Fachzielgruppen, aber eben auf einem inhaltlich enorm hohen Niveau.
In Ihrer letzten Tätigkeit bei Serviceplan Bubble haben sie sich vor allem mit digitaler Kommunikation, Social Media, aber auch mit Branding beschäftigt. Würden Sie sagen, dass das die großen Themen sind, bei denen die Healthcare-Kommunikation vielleicht noch den größten Nachholbedarf – oder auch das größte Potenzial – hat?
In der Rx-Kommunikation ist der Blumenstrauß der Möglichkeiten nicht ganz so groß, wenn ich das zum Beispiel mit einem Telekommunikationsanbieter vergleiche. Aber es hat natürlich auch etwas mit Mut zu tun, ob man als Unternehmen bereit ist, neue Wege einzuschlagen. Ein bisschen mehr Mut in Richtung des Startup-Ansatzes „try – learn – adapt“ wäre schon wünschenswert. Dinge pragmatisch angehen, analysieren und dann laufend optimieren. Natürlich gibt es im Healthcare-Bereich notwendige und berechtigte Freigabeprozesse entlang des HWGs. Das heißt, ich kann nie ganz so agil und schnell sein wie andere Branchen, aber ich glaube schon, dass wir auch im Healthcare-Bereich die Themen Geschwindigkeit und Pragmatismus ein Stück weit mehr stressen müssen.
Sie haben erklärt, warum das Thema Healthcare so reizvoll für Sie ist. Welche Aspekte finden Sie an der Agentur Schmittgall Health besonders spannend?
Ich wusste, ich komme hier in ein sehr starkes Umfeld mit großer Kreativpower, die über Jahrzehnte immer wieder nachgewiesen wurde – ich mag kompetitive Umfelder. Diese Kreativpower gepaart mit einer hohen medizinischen Kompetenz ist ein absoluter Mehrwert. Wie die medizinische Beratung hier in die täglichen Abläufe eingewoben ist, hat mich beeindruckt. Diese Expertise ist extrem wichtig, wenn wir mit unseren Kunden auf Augenhöhe sprechen wollen. Auch die Tatsache, dass Schmittgall Health eine inhabergeführte Agentur ist, hat mich angesprochen, denn dadurch hat man eine gewisse Agilität.
Ich spüre hier Unternehmergeist und Aufgeschlossenheit gegenüber Change-Prozessen. Florian Schmittgall spricht davon, dass man sich mit den gesellschaftlichen und auch technologischen Entwicklungen regelmäßig „häuten“ und die Frage stellen muss, wie die Agentur der Zukunft auszusehen hat. Was sind unsere Kernleistungen? Was verändert sich? Wie müssen wir unsere Kunden beraten? Welche Challenges haben wir, und welche haben unsere Kunden? Dass man Change-Prozesse so selbstbewusst angeht, hat mich sehr überzeugt. Und noch ein weiterer Aspekt, der für Schmittgall Health sprach: Die Kundenliste ist ziemlich beeindruckend.
Haben Sie für sich selbst oder auch gemeinsam mit Florian Schmittgall konkrete Ziele für die nächsten Jahre formuliert?
Ich will KI gar nicht so sehr in den Vordergrund stellen, aber das Thema steht schon symbolisch für die Entwicklungen, die wir uns vorstellen. Am Ende geht es darum, die Agentur ready zu machen für das, was da kommt und unsere Kreativ- und Beratungspower dahingehend weiterzuentwickeln. Mit Olaf Reys als mehrfach ausgezeichneten Creative Director haben wir dafür bereits ein weiteres wichtiges Puzzlestücke ins Team geholt. Aber auch innerhalb des Teams an Beratern und Kreativen haben wir viele junge Leute, die uns mit ihren disruptiven Ansätzen und Gedanken immer wieder auch mal stressen, in neue Richtungen zu denken. Und so muss das auch sein! Denn es geht uns um innovative und moderne Kommunikation, die nachhaltig wirkt.
Wie sehen Sie die Agentur-Kundenbeziehungen grundsätzlich?
Ich bin ein wahnsinniger Verfechter des Worts Zusammenarbeit. Im Interesse aller Beteiligten – also unserer Kunden und uns – ist es wichtig, auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Die Zeiten, in denen der Kunde etwas brieft, die Agentur anschließend drei Wochen im stillen Kämmerchen vor sich hinarbeitet und dann etwas präsentiert, sind vorbei. Im Sinne von Effizienz ist es wichtig, einen Entstehungsprozess gemeinsam zu gestalten.