Fragt man Jörg Hempelmann, wie er auf das Thema Healthcare-Kommunikation gekommen ist, sagt er schmunzelnd: „Ich bin im Grunde mit Healthcare groß geworden.“ Denn sein Vater war 1969 einer der zehn ersten Pharma-Referenten in Deutschland und zunächst für die damalige Hoechst AG tätig. 

„Seine Erzählungen haben mich geprägt, so dass ich schon früh den Wunsch hatte, ebenfalls in diesem Bereich zu arbeiten.“ 1990 trat Jörg Hempelmann seine erste Stelle als Kundenberater bei Sudler & Hennessey an und absolvierte parallel ein Studium mit dem Schwerpunkt Marketing & Kommunikation. 

Eines Abends ergab sich ein Gespräch mit seinem Vater – mittlerweile Geschäftsführer bei Fresenius – in dem ein Satz fiel, der Jörg Hempelmann beeindruckte: „Es ist nicht wichtig, wie viele Leute man unter sich hat, sondern wie wenige man über sich hat.“ Da Vater und Sohn sich in ihren Jobs mehr Freiraum, mehr Autonomie wünschten, entschlossen sie sich 1994, gemeinsam eine eigene Agentur zu gründen – die Geburtsstunde von Just Nice Business. Mit der Gründung von JNB wurde auch direkt festgelegt, dass Vater Hempelmann die Agentur mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres im Jahr 2006 verlassen würde. „Er war aber weiterhin ein extrem wichtiger Ratgeber für mich“, betont Jörg Hempelmann. „Heute fehlt mir dieser persönliche, väterliche Ratgeber manchmal.“

Nah an der Praxis
Der Name Just Nice Business stand dafür, dass das zu Beginn vierköpfige Team so weit wie möglich Aufgaben übernehmen wollte, die ihm Spaß machten – und genauso sollte die Zusammenarbeit mit den Kunden möglichst „nice“ sein. Das Ziel der Agentur war dabei immer, sehr praxisnah zu agieren, denn nach Überzeugung der Hempelmanns war Pharma-Werbung zu wenig verknüpft mit dem, worum es in den Unternehmen wirklich geht. „Mein Vater hat in Präsentationen beispielsweise immer vorgeführt, wie das Außendienstgespräch mit den von uns entwickelten Materialien laufen würde“, erinnert sich Jörg Hempelmann.

Im Jahr 2009 signalisierten Hempelmann zwei große Kunden – Boehringer Ingelheim und Bayer, „mit denen ich gute, jahrelange Beziehungen hatte“ – dass sie dabei seien, ihre Agenturbeziehungen global auszurichten und dass sie nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten könnten, wenn er sich nicht einem Netzwerk anschließe. „Daraufhin bin ich losgezogen, habe mit allen Netzwerken gesprochen und mich schließlich für IPG entschieden. Ich wollte weiter wachsen und bin überzeugt, dass das genau der richtige Weg für mein Team und mich war. Denn ich denke, dass der heutige Markt für inhabergeführte Agenturen sehr, sehr schwer ist.”

Fusion mit McCann Health
IPG übernahm zunächst einen Teil der JNB-Anteile, dabei wurde von vorneherein festgelegt, wann auch die restlichen an das Netzwerk übergehen würden. IPG habe etwas gesagt, das Hempelmann sehr beeindruckt habe: „Wenn wir ein Unternehmen kaufen, das erfolgreich ist, und anschließend dem erfolgreichen Unternehmer sagen, was er anders oder besser machen muss, dann haben wir unseren Job nicht verstanden’. Das heißt, ich hatte die Sicherheit, weitestgehend autonom agieren zu können.“ Da JNB im Vergleich zur IPG-Marke McCann Health die deutlich größere Agentur war, übernahm Jörg Hempelmann nach der Fusion die Führung der nun rund 50 Köpfe umfassenden Agentur. Für IPG war die Übernahme von JNB auch deshalb strategisch wichtig, weil man den Pharmariesen nun ein großes, schlagkräftiges Team im wichtigen deutschen Markt präsentieren konnte.

Sehr schnell war die neu formierte deutsche IPG-Niederlassung dann mit auf regionalen und globalen Pitches, und Jörg Hempelmann sieht auch vor diesem Hintergrund seine damalige Entscheidung als richtig an: „Dadurch haben sich für meine Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten ergeben, die ich ihnen als inhabergeführte Agentur nie hätte bieten können.“ Seit der Übernahme ist IPG Health Deutschland von 50 auf fast 150 Köpfe gewachsen und ist damit eine der größten Healthcare-Agenturen in Deutschland. 

Emotional wurde es für Jörg Hempelmann, als IPG im Jahr 2018 – wie von vorneherein vertraglich vereinbart – seine restlichen Anteile an der Agentur übernahm und er sich von seinem Team verabschieden musste. „Aber auch das war ein sinnvoller Schritt, denn es wäre schon komisch gewesen, wenn ich nach dieser langen Zeit als Unternehmer nun in der gleichen Position ‚nur noch‘ angestellter Geschäftsführer gewesen wäre.“ Hempelmann wechselte innerhalb des IPG-Netzwerks zu FCB Health und war dort dann für Europa zuständig. Als die beiden Agenturnetzwerke McCann Health und FCB Health im Jahr 2021 unter eine einheitliche globale Marke IPG Health und ein gemeinsames Management gestellt wurden, wurde Jörg Hempelmannn Europa-Chef von IPG Health. Anfang 2024 kam die Verantwortung für Middle East, Africa und APAC dazu. 

Ein Job mit wahrhaftigem Purpose
Wenn Jörg Hempelmann auf die letzten 30 Jahre zurückblickt, freut er sich über das, was aus JNB entstanden ist. „Stolz” ist er aber vor allem darauf, „was wir in der Zeit für unsere Kundinnen und Kunden erreicht haben“. Und sein Job bereitet ihm nach wie vor Freude, den als Healthcare-Agentur verfolge man einen wahrhaftigen Purpose: „Durch unsere Arbeit tragen wir dazu bei, dass alle am Gesundheitswesen Teilnehmenden informiert, trainiert, geschult werden – beispielsweise über neue Therapieoptionen. Damit leisten wir einen Beitrag, die Welt ‚gesünder‘ zu machen. Und wir engagieren uns bei IPG Health für den gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle Menschen auf der Welt, eine weitere Voraussetzung für einen ‚healthier planet‘.“

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Highlights gab es für Hempelmann in drei Jahrzehnten natürlich viele, aber an erster Stelle nennt er „die vielen, fantastischen Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten und die ich kennenlernen durfte”. Aktuell sei die enge Zusammenarbeit mit den Teams aus der Region Asien-Pazifik kulturell und inhaltlich extrem bereichernd. Als wesentliche Erfolgsfaktoren bezeichnet er zum einen die Tatsache, dass es ihm gelungen sei, immer wieder die richtigen Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu finden, zum anderen aber auch, ein möglichst guter Chef zu sein. Was für Hempelmann bedeutet: Vorbild sein; zuhören, klare Ziele und eine Vision haben, unterstützen, Feedback geben, Leistungen anerkennen und vor allem nahbar sein. „Ich bin sehr froh, mit unserer weltweiten CEO, Dana Maiman, eine Chefin zu haben, die dieselben Werte vertritt. Und mit Maximilian Lechner in Deutschland einen Nachfolger gefunden zu haben, der so denkt und handelt, wie ich es tun würde. Das ist ein großes Geschenk.”

Die Kunden im Umbruch begleiten
Zuzuhören und die vielen Informationen gewissenhaft zu reflektieren, ist für Hempelmann auch im Umgang mit den Kundinnen und Kunden wichtig. Denn Pharma befinde sich in einem gewaltigen Umbruch und der Anspruch von IPG Health sei es, die Kunden erfolgreich durch die vielen Veränderungen hindurchzunavigieren. Dieser Anspruch spiegelt sich auch im Motto „Doing what’s right“ wider, das alle im Netzwerk über Grenzen und kulturelle Unterschiede hinweg verbinde.

Die Frage, ob es früher vielleicht entspannter gewesen sei, beantwortet Hempelmann mit „ja und nein”. „Natürlich stehen unsere Kundinnen und Kunden unter zunehmendem Druck, aber Druck gab es immer“, und er ergänzt lachend, „zumindest in den letzten 30 Jahren.” Übergeordnet sehe er zwei Trends: Die Kundinnen und Kunden erwarteten vor allem Lösungen in den Bereichen Data, Behavioral Science, Omnichannel sowie Engagement, und gleichzeitig müsse man als Agentur die Produktion in den jeweiligen Märkten sehr effizient umsetzen. „Wir navigieren also in einem Spannungsfeld zwischen tiefer Expertise, technologischem Know-how und gleichzeitig hoher Effizienz, vor allem wenn es um die Produktion geht.”

Ob es in den vergangenen 30 Jahren auch Rückschläge gab? Als Antwort zitiert Hempelmann die globale CEO Dana Maiman, die erst kürzlich auf die gleiche Frage gesagt habe „jede Woche, jeden Tag, sogar mehrmals am Tag gibt es Fort- und Rückschritte – manchmal sogar mehrere innerhalb einer Stunde oder in einem einzelnen Call”. Jörg Hempelmann findet daher, eine gewisse „Frustrationstoleranz” sei eine ganz wichtige Eigenschaft: „Zuhören, aus Problemen Chancen machen und dranbleiben.”